Textauszüge aus: Helmut Schumacher / Klaus J. Dorsch: A. PAUL WEBER: Leben und Werk in Texten und Bildern

Hinweis: die angegebenen Abbildungsnummern verweisen auf die entsprechenden Abbildungen im Buch und sind hier nicht einsehbar; die Fußnoten werden am Ende des jeweiligen Kapitels aufgelistet.

1945 - 1959

Neubeginn

Die Wirren des Kriegsendes erfaßten auch die Familie Weber und schlugen sich im Schaffen des Künstlers nieder. Lohnende Aufträge waren kaum zu bekommen - dennoch zeichnete er, soweit es das vorhandene Material zuließ. Oft mußte er die Rückseiten älterer Blätter verwenden. Obwohl er jeden noch so kleinen Auftrag mit größter Sorgfalt ausführte, differenzierte er dennoch zwischen der Erwerbsarbeit als Gebrauchsgraphiker und dem eigentlichen künstlerischen „Schaffen“. „Mich beherrscht der Drang - in aller Abgeschiedenheit ungestört endlich wieder mal wie früher zum Schaffen zu kommen - was es bisher sein konnte gibt mir nur geringe Entlastung - besser Erlösung - hinzu kommt - daß das Geschehen ringsum immer für neue Themen sorgt.“(Anm. 001)

Kurz nach Kriegsende griff er die Figur des Narren auf, der sich als Sinnbild für Humor und Satire, aber auch für Weber selbst, anbot. Nun kroch er, lädiert aber lebend, aus den Ruinen (Abb. 261). Die Zeile „Davongekommen - (und dennoch !) der Kasper lebt!“, die Weber auf dem Blatt notierte, ist nicht nur Bildtitel, sondern auch eine sehr persönliche Aussage. „Der Wegweiser“ (Abb. 262), den zerlumpte Menschen durch die Kriegstrümmer schleppen, zeugte von der Orientierungslosigkeit dieser Zeit.

Neben den in Hamburg zerstörten Litho-Steinen mußte der Künstler auch manche Zeichnung als Kriegsverlust hinnehmen. Der beim Rowohlt-Verlag tätige Benno Wundshammer schrieb Weber am 26.12.1945: „Ihre Zeichnungen habe ich nicht mehr auftreiben können. ... So müssen wir Ihre ‘Kinder’ leider abschreiben, und ich weiss nur zu gut, welch Verlust dies für Sie ist!“

Auf Anregung von Wundshammer zeichnete Weber das Motiv „Madonna“ (Abb. 263) - eine kahlgeschorene Frau, die ihr Kind im Arm hält. Sie wird von einer gehässig keifenden Menschenmenge verspottet. Die Gestalt hebt sich hell vom dunklen Pöbel ab. Eine Anregung zu diesem Blatt erfuhr Weber durch ein Pressefoto von Robert Capa von 1944, das eine Kollaborateurin in Frankreich zeigte.(Anm. 002) Wundshammer schrieb am 3.7.1946: „Mit der Mitteilung, dass Ihre Madonna, die ich seinerzeit vorschlug, bereits in mehreren Fassungen in der Mache ist, hat mich sehr gefreut. Prima, Prima! Das sind die Arbeiten, die ein A. Paul Weber machen muss. Sie müssen im Augenblick doch im Stoff ersaufen. Die Wirklichkeit unserer Zeit entspricht Ihrer Arbeitsauffassung doch so vollständig, dass Sie meines Erachtens einer der ganz Wenigen sind, die nicht nur das Zeug, sondern auch die Verpflichtung haben, den Zwiespalt unserer zusammenbrechenden Zivilisation festzuhalten. Das ist eine wirklich ganz große Aufgabe und Verpflichtung, der Sie keinesfalls untreu werden dürfen! Ich wüßte keine fünf Leute in ganz Europa, die so wie Sie das Zeug dazu hätten.“

Gemeindesiegel und „Kleinkram“

Viele Ansätze zu größeren Projekten blieben vergeblich. Auch bei der Griffelkunst wurden 1945 und 1946 keine Druckgraphiken Webers angeboten. Er hielt sich mit Kleinaufträgen über Wasser, fertigte z.B. Gebrauchsgraphik für die Talkauer Tischlerei Johannes Siemers,(Anm. 003) bemalte ein Bücherbord für Theo Schneider oder den Kleiderschrank von Kurt Otte (Abb. 264). „Ich habe vorher für Dr. Otte einen 3-Türen-Schrank (Kleider und Wäsche) bemalt - den sollten Sie einmal sehen! Da habe ich mich mit verbotener Ausdauer daran vergriffen und bin nach wochenlanger Arbeit heute noch nicht ganz fertig - ich denke dabei immer an den Stil - daß die Arbeit vollkommen zu sein hat.“(Anm. 004)

Erne Maier erinnerte sich: „Die Großzügigkeit A. Paul Webers gegenüber Menschen, die er mochte, war fast grenzenlos. 1946 hatten wir im Jugendhof Vlotho ein Puppenspiel geplant. Ich sandte Weber 100 Reichsmark mit der Bitte, uns Vorlagen für die Puppen zu zeichnen. 100 Reichsmark entsprachen damals dem Gegenwert von 13 Zigaretten. Postwendend erhielten wir einen Stapel von Pastellzeichnungen.“(Anm. 005)

Im Frühjahr 1946 schrieb Weber an Alf Depser: „Auf dem Arbeitstisch sammelte sich ... inzwischen ein recht bedrückender Haufen Arbeit an und um diesen Druck auch nicht noch beim Schaffen zu spüren - sitze ich nun Tag für Tag und trage erst einmal den Kleinkram ab - neue Siegel und Stempel und Wappen.“ Durch die von der britischen Besatzungsmacht gewünschte politische Neuorientierung und unterstützt vom Möllner Bürgermeister Rudolf Michelsen entwarf Weber im Sommer 1945 ein neues Stadtsiegel(Anm. 006) für Mölln (Abb. 265), das vom britischen Captain Dickens genehmigt wurde. Der Entwurf traf auch den Geschmack des Bürgermeisters, so daß Weber den Auftrag erhielt, weitere 14 Gemeindesiegel(Anm. 007) für lauenburgische Orte als Holzschnitte anzufertigen, die jedoch aus formalrechtlichen Gründen letztlich doch nicht offiziell geführt werden durften.(Anm. 008) Weiterhin erhielt Weber Aufträge für das Wappen des Kreises Pinneberg, das bis heute in dieser Form verwendet wird, das Stadtsiegel von Wedel, später noch für das Siegel der Universität Hamburg(Anm. 009), das Signet der Akademie für Staatsmedizin Hamburg und das Signet der Volkshochschule Lübeck. „Wir drucken jetzt mehr farbige Wappen und Zeichen - das macht mir allein schon rein stofflich viel Freude - ob es lohnt - Du weißt: wir fragen so häufig nicht danach in der Liebe zur Aufgabe und zur Lösung.“(Anm. 010)

Von der Entlohnung für die lauenburgischen Gemeindesiegel hatte Weber ganz konkrete Vorstellungen: Der Bürgermeister schrieb am 24.6.1946 an den Landrat: „ Der Maler und Graphiker A. Paul Weber in Schretstaken braucht dringend ein Fahrrad. Ich befürworte hiermit, daß ihm ein solches sofort aus der nächsten Zuteilung zur Verfügung gestellt wird.“ Und am 27.8.1946: „ Herr A. Paul Weber ... hat ... Stadtsiegel entworfen und geliefert. Er braucht hierfür eine Bezahlung. Er möchte sie in Form von 7 m Holz haben, da er sich mit Erlaubnis des Kreisbauamtes in seinem Haus ein Atelier ausbaut.“

Unter der Versorgungsnot der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten auch Weber und seine Familie zu leiden und manche Arbeiten wurden in Naturalien abgegolten: als Honorar für ein Firmenzeichen der Pelzveredelung Helmstedt erbat sich Weber beispielsweise eine warme Jacke. Noch im Dezember 1948 beglich er eine Rechnung für Druckpapier der Firma Hahnemühle mit einem Wechselstrom-Motor der Firma Still, für die er wiederum gebrauchsgraphische Entwürfe anfertigte. Im Januar 1948 bezahlte die Schulbehörde Hamburg einen „Handdruck“ mit 25 kg Hahnemühle-Druckpapier. Die Lage besserte sich lange nicht. Toni Weber schrieb am 12.1.1947 an Theo Schneider: „Wir hausen seit einiger Zeit im großen Zimmer. Das Atelier war bei dem Ostwind nicht warm zu kriegen! Hier haben wir es ausgehalten, trotz 200 unter Null! Es ist ja Südseite und bei klarem Wetter hilft uns die Sonne heizen.“ Und am 2.2.1947: „Ich habe großen Mangel an Verbandszeug ... wenn es nicht bald was zu kaufen gibt, weiß ich nicht, woher nehmen und nicht stehlen.“ Ein Helfer in dieser Not war der Freund Theo Schneider, der den Künstler - wie manche aus der Familie - liebevoll „Väter“ nannte. Der Nürnberger betrieb eine Spedition, führte während der gesamten 40er Jahre einen umfangreichen Briefwechsel und schickte so manches Paket mit Würsten, Kleidung, Honig, Nähmaschinengarn, Schuhen, Zigarren und Verbandszeug nach Groß-Schretstaken, besorgte darüber hinaus die wichtigen Litho-Steine und Druckpapier. Bereits im Dezember 1943 hatte ihm Weber geschrieben: „Ich habe hier noch Sorgen - drum ich mich schämen müßte - dabei waren Sie immer für ein gut Teil mein Vater im Himmel - der sich um die Lilien auf dem Felde kümmert und die Vögel unter dem Himmel speist -“ Ein Paket Schneiders zum Weihnachtsfest 1946 traf durch Verzögerungen in der Zustellung erst am 8. März ein. Toni bedankte sich noch am gleichen Tag: „Denken Sie sich nur, welch freudiges Ereignis, heute kam endlich das große Weihnachtspaket von Ihnen ... an. Alles zitterte vor Erwartung, als ich jedes Knötchen auffummelte, und dann kamen die schönen Sachen zum Vorschein. Müsche [= Gertrud] jauchzte ... auf vor Begeisterung und Väter hat sich gleich ein frisches Hemd angezogen und graziös tänzelnd Mannequin gespielt. Er war erschüttert, Schuhe wurden auch gleich probiert, sie passen prima!“

Trotz der Bemühungen von Theo Schneider fehlte es Weber weiterhin an Papier. Hans Schmidt-Gorsblock sandte am 20.3.1947 eine „Hilfslieferung“ aus 350 Bogen Büttenpapier 27 x 21 cm, 3 Block Schreibpapier, 2 Zeichenblöcken, Bleistiften, Holzdruckschwärze, Fotoleim sowie 6 Zahnbürsten und 6 Tuben Zahnpasta - Lebensmittelsendungen waren von Nordschleswig aus nicht erlaubt - ebensowenig durfte Malleinwand verschickt werden, was Weber sehr bedauerte. Den Verlagen erging es nicht besser. Einige Buchprojekte Webers scheiterten am Papiermangel.

„Gestern war ich bei meinem Kinderbilderbuch-Verleger ... Wir haben hier nur die Hahnemühle - die als Papierlieferant ausfällt - weil sie nur nach England liefert - der Verlag wird evtl. den Druckauftrag nach dem Süden vergeben - wenn dort unten an Papier - besser Karton ran zu kommen wäre ...“(Anm. 011) Obwohl an einen Druck des Büchleins zunächst nicht gedacht werden konnte, arbeitete Weber dennoch in dieser Richtung weiter. Es entstand ein Bändchen aus 18 farbigen Papptafeln mit kindgerechten Motiven wie Kälbchen, Schornsteinfeger oder einer Holz-Eisenbahn (Abb. 266), das er dem kleinen Heinrich, dem Sohn der langjährigen Hausgehilfin Ella Steinwarder (geb. Bütow) 1946 zum Weihnachtsfest schenkte. Fast ein Jahr später verfolgte er noch immer den Wunsch, ein solches Kinderbilderbuch in einer Auflage herauszubringen noch immer und schuf dafür neue Blätter. Auch eine solche - vermeintlich einfache - Aufgabe nahm er nicht leicht, sondern widmete sich ihr mit ganzer Kraft. „Ich malte dieser Tage an weiteren Blättern für das Kinderbilderbuch - war nicht zufrieden mit dem Ergebnis ... heute nacht riß bei mir der Knoten - ich arbeitete das erste Blatt in einem mir schon lang vorschwebenden Stil - nicht so rein naturalistisch - sondern etwas mehr in das Reich des Phantastischen gehoben - daß das Thema als kleines Kunstwerk seine eigene Welt bezieht - ganz von sich aus in Farbe und Form Freude weckt - und dazu verzichte ich nicht auf einen Gedanken - daß also eine gewisse Fülle besteht - sogar Spannungen, die erregen, ohne jedoch aufzuregen - ich spüre bei der ganzen Arbeit, daß ... die Aufgabe den ganzen Mann erfordert - daß es nichts für Anfänger und Malmädchen ist - die sich so gern auf diesem Gebiet versuchen - vermutlich in der Annahme, daß das alles besonders leicht sei. Ich freue mich ganz unbändig und beginne langsam einzudringen ...“(Anm. 012)
Trotz langjähriger beharrlicher Bemühungen wurde der Plan nie verwirklicht. Der Stuttgarter Verleger Johannes Klöcker teilte Weber am 15.12.1951 bedauernd mit: „Der aus Amerika importierte Walt-Disney-Kitsch hat alle Vorteile auf seiner Seite: einen riesenhaften Propaganda-Apparat mit allen Beeinflussungsmitteln einschließlich Filmen, grosse rentable Auflagen und ein durch nationalsozialistische und amerikanische ‘Kultur’-Diktatur völlig kritiklos und unmündig gemachtes Publikum.“

Begeistert von der Arbeit für Kinder nahm Weber einen Auftrag des Hamburger Senats an. Dieser lud in den ersten Nachkriegsjahren jeweils etwa 500 Kinder zu einer Weihnachtsfeier ins Hamburger Rathaus ein. Von 1947 bis 1950 schuf Weber hierfür je eine Einladungskarte. Die Texte und die Bildmotive der vierseitigen Klappkarten wurden als Holzschnitte selbst gedruckt und alle 500 Exemplare jedesmal von der ganzen Familie mühsam an langen Abenden von Hand koloriert (Abb. 267).

Bedauernd schrieb Weber am 7.9.1947 an Heinrich Bodenstein: „Mit den freien Blättern hat es für gewisse Zeit wieder Ruh - ich kann dem Erich Arp (Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) seinen Auftrag für Urkunden der Landes- und Kreisbauernkammern für Schleswig-Holstein nicht abschlagen - so etwas kostet Mühe und ist so schwer - daß ich begreife - wie die ganz großen Kanonen in weiser Voraussicht solche Aufträge nicht annehmen - mit einem gewissen Hochmut - ich weiß, sie bringen meist nicht die Ausdauer auf - ahnen auch, daß sie das einfach nicht können. Ich glaube auch, es ist im Hinblick für später gut - solche Dinge aufzunehmen - ich habe für die Hamburger Universität auch das neue Siegel zu entwerfen.“

Neben dem Siegelentwurf für die Hamburger Universität kam von der Hamburger Schulbehörde im August 1947 nach langjährigen Verhandlungen der „Staatsauftrag“, den Landesschulrat und Leiter des Hamburgischen Schulwesens, Prof. Ludwig Doermer, in Öl zu porträtieren. Die Zeitumstände mit der Aufteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen machten den Auftrag nicht leicht: Weber benötigte eine Aufenthaltsgenehmigung von drei Wochen für Lich in der amerikanischen Zone sowie eine D-Zug-Genehmigung und Reisemarken vom Ernährungsamt, da er in der britischen Zone wohnte. Schwierigkeiten gab es auch wegen der Reisemöglichkeit: Theo Schneider sollte Weber mit seinem Auto fahren, hatte jedoch keine Reifen. So kam es erst Ende Januar 1949 zum Beginn der Arbeit - nach langem Briefwechsel und ständigen Vertröstungen, die das Projekt fast zum Scheitern brachten („So unzuverlässig er ist, es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß er ein bedeutender Künstler und liebenswerter Mensch ist.“(Anm. 013)). Jedoch einmal begonnen, arbeitete Weber sehr schnell und zielstrebig. Die Tochter des Porträtierten machte Aufzeichnungen in ihrem Tagebuch: „31.Januar: vormittags Beginn der Malerei bis 1 Uhr. Fortsetzung von 3 - 5 und abends von 9 - 10 1/4 / 1.Februar: Weber empfindet die Schönheit Lich’s. Nachdem am Montag das Bild in großen Zügen angelegt wurde beginnt nun die Ausarbeitung des Kopfes ... / 3.Februar: Jetzt ist es nicht nur ein Bild - jetzt ist es mein Vater / 4.Februar: ... um 11 ½ wird das Bild gut verpackt - Weber fährt ab.“ 1951 erhielt das Porträt seinen Platz im Sitzungssaal der Hamburger Schulbehörde, eine zweite Fassung(Anm. 014) malte Weber noch für die Familie Doermer.

Villon und Lazarillo

Auf dem Gebiet der Buchillustration gab es für Weber zunächst keine Aufträge - die Verlage kämpften um Lizenzen oder mit der Papierknappheit. So war die Freude groß, als ein Verleger im Herbst 1946 Weber den Auftrag zur Illustration der mittelalterlichen Balladen des französischen Dichters François Villon sowie für den klassischen spanischen Schelmenroman „Lazarillo de Tormes“ in Aussicht stellte. Webers erste Illustrationsfolge mit acht ganzseitigen Federzeichnungen zu Villons Balladen, die bereits 1939 bei Hauswedell in Hamburg erschienen waren, hatte den Künstler für diesen Auftrag empfohlen. Die neuen Illustrationen sollten jedoch nicht wie jene in Holzschnittmanier mittelalterlichen Vorbildern nachempfunden werden. Weber konzipierte sie von vornherein farbig, in der zügigen, leichten Malweise eines Aquarells. Im Gegensatz zu den sehr zurückhaltenden Kolorierungen der Leviathan-Reihe und den nachträglichen „Ausmalungen“ schwarz-weißer Graphiken gewann die Farbe hier in den bunten Schilderungen Villons aus der Welt der Raufbolde, Säufer und Huren eine Eigenständigkeit und Lebendigkeit, wie es sie vorher in Webers Werken noch nicht gegeben hatte. Zehn Motive entstanden bis 1949. Die Begeisterung für diesen Auftrag war verständlich - seit frühester Zeit galt Webers Faszination und Liebe den derb-dreisten Typen, wie sie in den frechen, oft zotigen Balladen Villons auftraten. Dieser war für Weber „ein Bruder im Geiste, stellt doch die Dichtung Villons ein satirisches Zeitgemälde ... dar. Villon demaskiert Zustände und Gesinnungen seiner Zeit.“(Anm. 015)

Gleiches gilt für den Lazarillo, die Titelfigur des Schelmenromans des 16.Jahrhundert. Weber zeichnete mehrere Fassungen der Eingangsszene, in der Lazarillo als Junge zu einem Blinden in die Lehre geht und beide versuchen, sich gegenseitig zu betrügen (Abb. 268).(Anm. 016) Doch stellten sich auch bei diesem Doppel-Projekt schon bald Schwierigkeiten ein. Toni Weber schrieb am 4.6.1948 an Theo Schneider: „Väter arbeitet immer noch für sein Buch, es will nicht so recht klappen, der Verleger ist ein ziemlich blöder Heini, der ihm die Lust genommen hat durch sein Benehmen. ... Man muß mit Samtpfötchen umherlaufen und durch die Zimmer schweben, alles ärgert ihn!“ Doch noch am 7.10.1949 arbeitete Weber am Villon. An diesem Tag datierte er das Blatt „Der Rausschmiß“ (Abb. 269): In grotesker Verkürzung liegt ein Edelmann auf der Straße vor den Bordellen. Seine unedle Lage wird von den Huren verspottet. Das Blatt zeichnet sich durch zügige Tuschestriche aus, die mit Rohrfeder und Pinsel gesetzt sind, sowie durch die für Weber ungewönhlich freien farbigen Lavierungen. Die Komposition ist dynamisch auf die Diagonale hin ausgerichtet, die Figur links oben wird kühn vom Bildrand überschnitten.Die beiden Buch-Projekte wurden jedoch nicht verwirklicht.(Anm. 017)

Erste selbstgedruckte Lithographien

Schon während des Krieges verfolgte Weber, angespornt durch die Erfolge seiner Lithographien bei der Griffelkunst, den Plan, mit der bereits seit längerer Zeit vorhandenen eigenen Lithographie-Presse im Keller des Hauses eine Werkstatt einzurichten. „Jetzt will ich unten die Presse zur Arbeit einrichten - ich kaufte in Hamburg 20 Lithographiesteine und mein Wille ist - jetzt stärker auf Stein zu zeichnen um leichter Auflagen von käuflicher Graphik zu drucken.“ (Anm. 018)
1946 lithographierte Weber unter fachgerechter Anleitung des Druckers Johannes Dibbern das Blatt „Der Denunziant“(Anm. 019) für die Griffelkunst nach Zeichnungen(Anm. 020) von 1934. „Der alte Dibbern hat ... uns seine letzten Kenntnisse und Erfahrungen über Lithographie weitergegeben - Auf der Suche nach den nötigen Steinen haben gute Freunde mir geholfen. Theo [Schneider] mit seinem Lastwagen und Viktor [Müller](Anm. 021) mit seinem Opelblitz haben sie mir aus Nürnberg hochgefahren ... Geschliffen - einen Stein auf dem anderen - habe ich sie meist selbst.“(Anm. 022)

Schon damals hatte Weber den Gedanken, die bezeichneten Steine aufzubewahren und nicht, wie bei Druckgraphik allgemein üblich, nach erfolgtem Auflagendruck wieder abzuschleifen. „Ich kann natürlich einen ganzen Posten gebrauchen ... die Steine müssen dann - wenn sie eine gute Arbeit tragen - als solche erhalten bleiben - sind also sozusagen Klischees und können dann eben nicht wieder abgeschliffen werden, z.B. wenn so ein Bild wie ‘Die Sirene’ oder ‘Der Denunziant’ darauf gezeichnet sind - so fallen diese für weitere Verwendung aus - weil von ihnen ja immer zu jeder Zeit Abzüge hergestellt werden müssen.“(Anm. 023)

Das Jahr 1948 brachte die Währungsreform mit der Einführung der „Deutschen Mark“ und 40 DM Startkapital für jeden Bürger mit sich. Auch für Weber zeichnete sich eine neue Schaffensphase ab: Nach der Rückkehr des ältesten Sohnes Christian aus britischer Gefangenschaft begann die gemeinsame Arbeit. Christian hatte 1938 eine Buchdrucker-Lehre bei den Gebr. Hoesch in Hamburg absolviert und druckte fortan bis zum Lebensende des Vaters und darüber hinaus die Lithographien. Christian erinnerte sich: „Eines der ersten Blätter, das der Vater und ich selbst gedruckt haben, war „Die Äpfel des Eremiten“ (Abb. 270) für die Griffelkunst. Da Papier sehr knapp war, bekamen wir welches von der Griffelkunst geliefert. Das war aber alaunhaltig, so daß der Stein „zuging“ [d.h. dunkel wurde] und der Vater eine zweite Fassung zeichnen mußte, was häufiger vorkam.“(Anm. 024)

Tischlermeister Johannes Siemers(Anm. 025) aus dem benachbarten Talkau hatte bereits die Druckpresse instandgesetzt und baute nun auch das Dachgeschoß zum Atelier aus. Weber schrieb am 26.10.1948 an Heinrich Bodenstein: „Christian kam wohlbehalten im Juni an und schafft bei mir - wir wirken zusammen - die Presse haben wir uns schön eingerichtet und ich bin fleißig am Lithographieren - über die Flaute kam ich einigermaßen gut hinweg, ... Ich habe die Presse so lange schon bei mir - ungenutzt - und nun hebt sich ein ganz anderes Schaffen an - das muß man gesehen haben!“

Von den bezeichneten und geätzten Lithographie-Steinen wurde jeweils zur Probe ein Andruck hergestellt. Christian erinnerte sich: „Ich mußte dann immer nach oben laufen (die Werkstatt war im Keller) und habe oft gedacht: Hoffentlich ist er diesmal zufrieden, denn wenn ihm das Blatt nicht gefiel, wurde der Stein wieder abgeschliffen und neu gezeichnet.“ Manchmal wurde nur ein einziger Abzug genommen und der Stein sofort wieder komplett abgeschliffen, wenn das Ergebnis nicht befriedigte. War Weber zufrieden, wurde zunächst eine kleine Auflage - oft nur wenige Abzüge - gedruckt, der Stein danach mit einer Schicht aus Gummiarabicum überzogen und verwahrt. Erst bei Bedarf wurde nachgedruckt. So standen im Keller des Groß-Schretstakener Hauses zuletzt ca. 600 - z.T. doppelseitig bezeichnete - Steine. Die Höhe der Auflagen ist meist nicht bekannt. Bei der Griffelkunst-Vereinigung wurden so viele Blätter gedruckt, wie Bestellungen vorlagen. So hielt Weber es auch bei seinen „privaten“ Drucken.

War ein Stein nach vielen Abzügen nicht mehr in der Lage, gute Drucke zu liefern, so fertigte er oft eine weitere Fassung des Motivs an, die von der vorangegangenen nur bei genauem Hinsehen zu unterscheiden war. Gleiches geschah, wenn er mit dem Ergebnis noch nicht vollkommen zufrieden war. So existieren manchmal von einem Motiv bis zu 20 leicht unterschiedliche oder auch seitenverkehrte Fassungen.

Nach der Korrektur des Rohdrucks wurde auf das gesamte Bild mit dünn verriebener Ölfarbe ein Grundton aufgewalzt und helle Glanzlichter mit einem Radiergummi freigerieben. Der so entstehende Farbfond ähnelt dem einer Tonplatte bei der Radierung. Oft legte Weber zwei Fonds leicht unterschiedlicher Größe und Färbung übereinander, so daß sich zusätzlich eine Art Rahmung bildete. Diese Walzungen erfolgten mit einer eigens dafür an den Rändern unregelmäßig geschnittenen Walze, wodurch exakte, monotone Linien vermieden werden sollten.

In den frühen Jahren verwendete Weber oft sehr dünne Japan-Papiere, in den 50er Jahren hingegen festes, gekörntes Papier. Neben Papieren mit dem Wasserzeichen der Griffelkunst - das Weber selbst entworfen hatte - zeigen die Papiere ab 1962 manchmal auch das Signet der Clan-Presse als Wasserzeichen. Zusätzlich stempelte Weber die fertigen Lithographien mit diesem Signet. Der Stempel, der seit 1953 nachweisbar ist, zeigt im Oval die Zacken des „Widerstandskreises“, gekrönt von einem kleinen „w“ für Weber (Abb. 271d). Vor diesem Metallstempel benutzte Weber kleine Holzstempel: Der ähnliche Vorgänger, der ein großes „C“ im Oval - bekrönt von einem kleinen“w“ - zeigte, wurde um 1950 gebraucht (Abb. 271c). Noch früher verwendete Weber einen Stempel, der im Rund eine sich zu einem „w“ krümmende Schlange oder Drachen mit der Umschrift „Handdruck der Clan-Presse“ zeigte (Abb. 271b). Davor wurden in die Blätter Blindstempel eingeprägt: Der eine zeigte im Oval einen stilisierten Falken mit gleicher Umschrift (Abb. 271a). Dieses Motiv findet sich manchmal auch als rote Stempelung. Nur als Blindstempel nachweisbar ist ein ähnliches Motiv im Rund mit dem Falken und drei Kreuzen. Die Blindstempel wurden hauptsächlich für die Holzschnitte verwendet.

Erste Ausstellungen nach dem Krieg

Die Griffelkunst-Vereinigung in Hamburg bot Weber Gelegenheit, bereits im Frühjahr 1946 wieder auszustellen. Der Verein mußte für seine Ausstellungen eine Genehmigung bei dem für Hamburg zuständigen Major Willmot des „Department of Fine Arts and Monuments“ einholen und hatte diese unter der Voraussetzung erhalten, daß niemand teilnahm, „der seine Kunst benutzt hat, um das Nazi-Regime zu fördern oder der als reges Mitglied der Nazi-Partei bekannt ist.“(Anm. 026) Webers Arbeiten gefielen der britischen Amtsstelle. Zur endgültigen Beurteilung mußte ein umfangreicher Fragebogen (in Deutsch und Englisch) ausgefüllt werden. Es erschien ein Oberleutnant King bei Weber in Groß-Schretstaken und zeigte sich von den Werken, u.a. auch von den „Britischen Bildern“, begeistert.(Anm. 027) Frau Toni Weber hatte für den hohen Besuch einen Kuchen zu „spendieren“, was ihr angesichts der wirtschaftlichen Not sehr schwer fiel.
Johannes Böse schrieb am 19.3.1946 an Weber: „Es ist mir eine große Freude, daß wir mit dem Besuch bei Ihnen das erreicht haben, was wir wollten. Oberleutnant King war begeistert von dem Besuch. Engländer sind ja in allem zurückhaltend. Aber soviel ich King in Ihrem Atelier schon beobachten konnte, fand ich ihn den Arbeiten sehr zugeneigt. Ich hoffe, daß es bald möglich sein wird, mit dem Major Willmot den Besuch zu wiederholen. Dann ist die Bahn frei ... Also können Sie, sobald Sie Lust und Zeit haben, schon für die Griffelkunst arbeiten.“

Die Arbeitsbedingungen für den Künstler waren nach wie vor schlecht. Im Winter 1947 konnte kaum geheizt werden. Weber mußte bei 20 Grad unter Null sein eiskaltes Atelier räumen und ins „große Zimmer“ ziehen - „es ist ja Südseite und bei klarem Wetter hilft uns die Sonne heizen.“(Anm. 028) Mehrmals brach vor Kälte das Wasserrohr, setzte Küche und Toilette außer Betrieb und „[wir] müssen immer ins Weisse zu bestimmten Zeiten und können nicht waschen!“(Anm. 029)

Im Juni 1947 stellte Weber zusammen mit dem Möllner Bildhauer Karlheinz Goedtke erneut bei der Griffelkunst aus. Die Ausstellung - von Weber ausschließlich Handzeichnungen, u.a. das Blatt „Zwischen Ost und West“ (Abb. 272) - war sehr erfolgreich. Weber verkaufte 48 Werke für insgesamt 5.155 Reichsmark.
Im Juli folgte eine Ausstellung im Lübecker Behnhaus bei der Overbeck-Gesellschaft, die 121 Bilder, darunter die Leviathan-Reihe und 23 Schachspieler-Motive zeigte. Die Ausstellung kam auf Empfehlung des Leiters der Lübecker Volkshochschule, Otto Monsheimer, zustande. Hierzu erschien ein kleiner Katalog mit Monsheimers Eröffnungsansprache: „Dieses Werk ist eine der gültigsten Manifestationen eines Deutschen dieser Zeit, die leidenschaftliche Reaktion auf ihre dämonisch geladenen Erscheinungsformen, geäußert und hingeschrieben mit der Eindringlichkeit, die die seherische Gabe des zweiten Gesichts verleiht.
Der unerbittliche Realismus dieser Blätter, ihre erbarmungslose Ironie, die unheilschwangere Atmosphäre, die in ihnen eingefangen ist, die alpdruckartige Beklemmung, die von ihnen ausgeht, sind der Widerschein des Aufbegehrens eines aus tausenden Wunden blutenden Menschentums, das den Widersinn und die Bitternis des Geschehens bis zur Neige erfahren hat.“(Anm. 030)

Die Griffelkunst blieb für Weber weiterhin ein wichtiges Standbein. 1948 fand die Bilderwahl bereits in 32 Orten statt; Webers Lithographien wurden für 4,50 Reichsmark angeboten.

Stets blieb für den Künstler die Arbeit zuhause, im Kreis der großen Familie, auch ein Problem. Am 22.3.1948 schrieb er an den Künstlerfreund Alf Depser: „Wir armen geplagten Maler! Hin und hergerissen zwischen Familie und Schaffen - zwischen Gemeinschaft und Isolierung. Es ist aber vielleicht nur eine Frage der Lebenskunst, der Haltung, ... ich bekämpfe neuerdings mit Erfolg alle Reizbarkeit und pflege Gelassenheit anzustreben und fröhlich zu sein - das schadet der Verdauung wenig - fördert sie vielmehr ...“

Aufgrund der Präsenz bei der Griffelkunst und den zahlreicher werdenden Ausstellungen nahmen die Aufträge zu, so daß Weber im Winter 1947 an Heinrich Bodenstein berichten konnte: „Ich habe mich jetzt genug mit Arbeit zudecken lassen, höre mir am Telephon grinsend die Mahnungen der Verleger an - erschreckend ruhig und gelassen.“

Am 9.11.1947 teilte er Frau Kallmeyer mit: „Ich bin darum - ganz vergraben - im Schaffen müssen - selten mit dem Ergebnis zufrieden - immer auf der Suche nach neuen Wegen und nach dem Vollkommenen. Dabei doch glücklich und möchte mit keinem Mächtigen tauschen. Sehen Sie - so bin ich immer nur von meiner Aufgabe besessen. Das meidend - was sie stört und hemmt, was ihr nicht dient - Das ist eine Antwort - eine Rückwirkung auf eine Narrheit - ein Besessensein.“

1948 und 1949 war Weber mit Ausstellungen in Flensburg und Kiel vertreten. Für die Ausstellung in der Kunsthalle Kiel gab er selbst - ebenfalls mit einem Text von Monsheimer - im November 1949 einen Katalog mit 40 Abbildungen heraus. Ein Geldgeber fand sich hierfür nicht, „alte Bekannte - ein Verleger und ein Drucker“ unterstützten das Projekt, dessen Kosten Weber durch Arbeit wettzumachen versuchte. Die Buchhandlung Asmus Boysen in Hamburg übernahm - ohne wesentlichen Gewinn - den Verlag und Vertrieb. Man schickte das Bändchen an Prominente wie Peter Bamm, den Kabarettisten Werner Finck, Hans Grimm, den Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Carlo Schmidt oder Hans Sedlmayr, die brieflich antworteten und sich sehr angetan zeigten. Bundespräsident Theodor Heuss schrieb an Boysen über Weber: „Ich kenne seine Illustrationen aus seiner Mitarbeit bei Niekisch und hoffe auch, trotz der schrecklichen Inanspruchnahme bald einmal Zeit zu finden, den Text des Buches zu lesen.“(Anm. 031) Der Schriftsteller Erich Kästner äußerte sich ähnlich wohlwollend: „Leider fand ich bislang nur Zeit dazu es flüchtig durchzublättern. Doch auch dieser kursorische Eindruck war geeignet, mir für künftige Wochen mit mehr Muße Appetit auf eine gründliche Betrachtung des Bändchens zu machen.“(Anm. 032)
Die meisten der gezeigten und abgebildeten Werke nahmen direkt auf das Kriegsende und die Nachkriegssituation Bezug, wie etwa „Das lange Warten“, das eine Frau mit einer Laterne zeigt, die auf einen Kriegsgefangenen wartet, eine weitere Fassung der „Kunstfreunde“, „Liebespaar in den Trümmern“, „Der letzte Privatier“ (Abb. 273), „Die große Lähmung“ (Abb. 274), welche die Bürokratie als riesigen Polypen mit Amtsperücke und Schreibfeder hinter dem Ohr darstellte, „Idyll am Kreuzweg“ sowie mehrere Blätter, welche die Probleme der Arbeitslosen und die Orientierungslosigkeit der Zeit zeigten. „Das heimliche Nachtmahl“ (Abb. 275) nahm die Versorgungsnöte und Schiebergeschäfte der Zeit satirisch aufs Korn.

Toni schrieb am 23.9.1946 an Theo Schneider: „Am Donnerstag kommt unser Mölle, wir freuen uns immer alle darauf. Hoffentlich können wir ihn satt kriegen, unsere Fettration ist ja nach wie vor kümmerlich!“ 1948 stellte sich die Situation nicht wesentlich besser dar, die Lebensmittelrationen lagen in Schleswig-Holstein im Februar bei täglich 1185 Kalorien pro Person.

In dem Blatt „Die Diskussion im Boot“ (Abb. 276) übte Weber Kritik an der neuen politischen Situation: Sechs Männer diskutieren in einem leckgeschlagenen Boot. Obwohl sich Weber sehr selten zum Inhalt seiner Graphiken äußerte, beantwortete er 1964 die Anfrage eines Vaters, dessen Kinder einen Schulaufsatz über das Bild schreiben sollten, mit einer ausführlichen Intepretation: „Eine erregt diskutierende Gruppe Menschen hockt in einem arg mitgenommenen Boot (ohne Ruder / Steuer) in wildbewegter bedrohlicher See - in nächtlicher düsterer Stimmung. Die Konstruktion des Bildes: die fast diagonale Anordnung des Bootes - die ineinandergreifende Bewegung der Figuren - die hohe - fast stehende Woge zu Häupten der Gruppe - die Verteilung von Hell und Dunkel - die spürbare Tiefe - das Grundlose des Wassers und vom Bildrand das unheimliche Heranrollen der Wellen - alles vereint sich zu einer spannungsgeladenen Wirkung - kurz vor einem Debakel - denn: im nächsten Augenblick bricht die Welle über dem Boot - den Menschen zusammen. Überprüfen wir die Komposition - dann haben wir den Eindruck: hier ist nichts zufällig - sondern jedes Ding jedes Gebilde steht wohlüberlegt an seinem besten Ort: Wie die Ausmaße des Vordergrundes - das Erdrückende Lastende des oberen Teils - die Linie des Wogenkammes. Zum Inhalt: Diese in erregter Diskussion befangene Gruppe scheint nicht die Gefahr der heranstürzenden Welle zu merken - vielleicht sind sie schon naß bis auf die Haut - das Wasser umflutet den Bootsrand - umspült die Knie - wie einfältig - daß da noch einer glaubt - er müsse noch schöpfen - das hätte noch den geringsten Sinn. Und was liegt hinter ihnen was haben sie bereits schon durchgemacht? - Ist es ein Rettungsboot? - von vielleicht einem untergegangenen Schiff? - Sind es Überlebende? kurz nach einer Katastrophe? Verkörpern sie etwa in diesem Sinnbild die Lage der Gesellschaft eines ganzen Volkes - nach einem Krieg? - Das aufgenähte Viereck auf dem Rock des einen verrät die Lagerherkunft des Kriegsgefangenen - des Entlassenen.(Anm. 033) Und der andere mit der Binde? ist es ein Schaden vom letzten Bombentreffer?! - Und worüber diskutieren sie in dieser hoffnungslosen unsicheren Situation - Bunt zusammengewürfelt ist diese Gruppe - so viele Typen so viele Meinungen reden sie alle gleichzeitig und typisch deutsch - mag keiner dem anderen zuhören - gilt nur die eigene Meinung? - oder gründen sie gar einen neuen Verein der Schiffbrüchigen und streiten sich über die Höhe des jährlichen Beitrages? - Wann endlich raffen sie sich auf - nehmen die Riemen zur Hand - drehen wenigstens das Boot zum rechten Winkel gegen den Brecher!? spähen aus und erkennen in der Ferne das rettende Land (wir wollen hoffen, daß ihnen die rettende Küste noch winkt!!!) - und daß sie endlich dorthin lospaddeln - solang der Kahn sie noch trägt! - Wir sehen - hier stehen sehr viele Fragen offen - das ist bei diesem Bild das tröstliche - es kann alles noch gut werden und gemessen an der Wirklichkeit - wie oft befinden sich Gemeinschaft wie Einzelne in solcher Lage! - wo es darauf ankommt - klug zu handeln!“(Anm. 034)

Im Paul Hopfer Verlag erschien 1947 ein Kalender für das kommende Jahr. Zu den 54 ganzseitigen Abbildungen von Werken anderer Künstler wie z.B. Harald Duwe, Willi Geiger, Emil Nolde und Josef Hegenbarth zeichnete Weber das Titelbild „Kaspar, Tod und Teufel“ (Abb. 277), das trefflich die Stimmung der Zeit ausdrückte. Schon der Titel verweist auf den berühmten Kupferstich „Ritter, Tod und Teufel“ von Albrecht Dürer, der während des Dritten Reiches häufig abgebildet wurde, um das Ideal des geradlinigen, starken, selbstbewußten Deutschen zu beschwören. Weber ersetzte den Ritter durch den Narren, der zerschlagen, nachdenklich und still seinen Weg geht und schuf damit eine bittere, zeitgemäße Variante dieser nationalen deutschen Ikone.

Weber schilderte Heinrich Bodenstein in einem undatierten Brief aus dem Jahre 1948 seine persönliche Situation: „Sonst bin ich wenig bemüht überall dabei zu sein - ich muß ganz für mich erst ‘ins Reine’ kommen - es gibt da keine Ruhe und die Gründlichkeit - die immer bohrende Ungenügsamkeit - zur möglichen Vollendung zu kommen - sie sind nach wie vor bestimmend ... - das Erscheinen des kl. Kunstbuches(Anm. 035) wird immer wieder durch die Selbstkritik verzögert - sehr zum Ärger des Verlegers ... Ich bitte um Nachsicht - und weiß doch dabei - daß dem Kritischen - dem Prediger - Nörgler und Ankläger kein Pardon gegeben wird - daß gerade er selbst auf kein Erbarmen zu rechnen hat.“

Monsheimer schrieb im Jahr darauf: „In Zeiten der Wende, in der die gewohnte Orientierung verlorengeht, in der sich die allgemeine Ratlosigkeit zur Verzweiflung am Sinn des Lebens und zur quälenden Daseinsangst steigert, hat die Graphik ihre große Stunde. ... Webers Graphik ist Predigt, Mahnung und Beschwörung. Sie greift an, sie fordert zur Stellungnahme heraus, sie ruft zum Nachdenken auf.“(Anm. 036)
Weber äußerte sich über seine Werke weit prosaischer. Kurt Esselbrügge hielt in seinem Tagebuch am 20.10.1949 fest: „Weber führte einen Pack neuer Zeichnungen im Meterformat mit sich ... Ich sagte ‘Ihre Phantasie müßte haben, wer den Roman der Zeit schreiben wollte! Können Sie nicht ein paar Prozent davon für ihn abzweigen?’ Weber, ohne aufzusehen, über seine Blätter gebeugt: ‘Viel rohe Zwiebeln essen!’“ Esselbrügge charakterisierte Weber in dieser Zeit: „Halb Kindskopf, halb weiser Mandarin“(Anm. 037)

So erlaubte er sich 1950 eine Eulenspiegelei besonderer Art: Auf einer Lithographie hielt er die Brustbilder von George Bernhard Shaw, Eulenspiegel und Stalin fest. Damit legte er den Finger in eine Wunde der Stadt Mölln, die Shaw die „Ehren-Eulenspiegelschaft“ angetragen hatte, was zu einem gewaltigen Presse-Echo führte. Shaw mißverstand jedoch, man wolle ihn zum Ehrenbürger ernennen und nahm dankend an, so daß man in Mölln nicht umhin konnte, dies zu bestätigen. Zu allem Durcheinander verbreitete die britische „Herald Tribune“ am 6.1.1950 die Falschmeldung, daß auch Stalin dafür nominiert worden sei.(Anm. 038)

Trotz der Arbeitsflut, über die Weber ständig klagte - beispielsweise druckten Christian und er 7.500 (!) Handabzüge eines Holzschnittes „Der Zauberlehrling“, die dem Augustheft 1949 von „Westermanns Pädagogischen Beiträgen“ beigelegt wurden - war die wirtschaftliche Situation des Künstlers schlechter denn je. Er schrieb am 7.10.1949 an seinen Freund Alf Depser: „ ... ich habe ganz außerordendlich schaffen müssen - um über Wasser zu bleiben - so arg wars im Leben wohl noch nie wie jetzt ... ich bin viel unterwegs gewesen um Fühlung zu halten und Aufträge einzuholen - auch das alte Gebiet - die Reklame - muß wieder herhalten ... - so ist es ein rechtes Würgen immer von heute auf morgen.“

Dennoch empfand Weber die ärmliche Nachkriegszeit als Befreiung - vor allem, als Sohn Christian wieder aus englischer Gefangenschaft nach Hause kam. Weber schrieb im Frühjahr 1948 an Heinrich Bodenstein: „Können Sie das mitfühlen - daß man jetzt nicht ganz bei sich ist - daß der Zustand wahr werden soll - daß nach eigenem Ermessen der Junge - die Familie [sich] entwickeln soll - von keinem fremden Willen abhängig leben - sich entwickeln kann? ... gekannt hat man es nie - liegen wir vielleicht in kommender Zeit auf dem Bauch - warum soll es nicht trotzdem glücken - es muß köstlich sein - mal keinem fremden Willen unmittelbar ausgeliefert zu sein.“
Am 20.11.1948 vertraute er in einem Brief Theo Schneider an: „Ich bin gewiß nicht weniger kämpferisch als früher - doch mißbrauchen lassen - das passiert mir nie wieder.“ (Abb. 278)

Die frühen 50erJahre:
Zwischen „Broterwerb“ und „reiner Kunst“

Kurt Esselbrügge notierte am 20.2.1950 in seinem Tagebuch über Weber: „Seiner Gesellschaft wird man nicht müde. So viele Schreckensphantasien in seinem Gehirn auch wohnen - er bleibt ein heiterer lieber Kerl mit den anderen. Er ermutigt uns, unbefangen zu sein, was man ist, und zu sprechen, was man eben denkt. Und er schweigt im rechten Augenblick und gönnt dem anderen die Ruhe.“ Und am 29.8.1950: „Der Mann ist ein Zauberer in seiner Art. Er sieht dir nur freundlich, schweigend, aufmerksam ins Gesicht, und du läßt innerlich von düsterer Laune ab. Dabei steht ihm pekuniär das Wasser bis zum Halse.“

Kaum einer der zahlreichen Briefe, die Weber in diesen Jahren an Freunde schrieb, war ohne Klagen über finanzielle Schwierigkeiten. Seine wirtschaftliche Lage besserte sich auch Anfang der 50er Jahre nicht, was allerdings wohl auch auf einen Mangel an Geschäftssinn zurückzuführen war. Für manche Aufträge forderte oder erhielt er keine Entlohnung - sich bietende Möglichkeiten schöpfte er nicht konsequent genug aus: Ein großes Eulenspiegel-Gemälde etwa, das die Stadt Mölln gerne kaufen wollte, überließ er dem Bürgermeister nur als Leihgabe und holte es kurz darauf wieder ab, um es Theo Schneider zu schenken. Esselbrügge schrieb am 4.1.1952: „Bei all dem Gewerbefleiße schloß er das alte Jahr mit ziemlichen Schulden ab. Da stimmt was nicht im Staate Dänemark.“

Sinnigerweise wurde Weber am 13.3.1950 neben neun anderen Künstlern vom Bundesfinanzministerium aufgefordert, Entwürfe für die Neugestaltung der 1 DM- und 2 DM-Münzen vorzulegen. Er schnitt - wie verlangt - die ca. 20 cm durchmessenden Modelle in Buchsbaum, goß sie mit Gips ab und bemalte diese silbern. Im April lagen sie fertig vor. Das 1 DM-Stück zeigte auf der Rückseite eine Friedenstaube mit einem Zweig im Schnabel (Abb. 279). Die Entwürfe wurden nicht angenommen, jedoch erhielt Weber ein Honorar von 1.500 DM. „Es wirkt wohl so mancherlei - aber ... so vieles verrinnt sang und klanglos einfach im Sande.“(Anm. 039) Ein Eulenspiegel-Siegel als Holzschnitt, die Gestaltung eines Ehrenbürgerbriefes für die Stadt Mölln, gebrauchsgraphische Arbeiten für die Schweizer Uhrenfirma Arctos, Handdrucke als Beilagen für „Die Neue Zeitung“, ein Villon-Buch, ein Porträt des Stadtschulrates von Altona in einer 25er Auflage, ein Lazarillo-Buch, ein „Hase und Igel“-Buch, ein Kinderbilderbuch, ein Firmenzeichen für die Maschinenfabrik Adolf Zaiser, Illustrationen für ein Buch von Josef Winckler - die Liste der verschleppten oder unvollendet abgebrochenen Projekte ist lang.
Die gebrauchsgraphischen Aufträge(Anm. 040), die er ausführte, waren relativ kümmerlich: ein gläsernes Ladenschild für die Buchhandlung Asmus Boysen in Hamburg, einen Holzschnitt mit dem Signet der Akademie für Staatsmedizin in Hamburg (Abb. 280), Neujahrskarten - u.a. 1.500 Handabzüge vom Holzstock mit einem Eulenspiegel für die Stadt Mölln - , Plakate für die Volkshochschule Lübeck und die „Deutsche Trachtenwoche an der Ostsee“ oder für „Vaters Weintag“ (Abb. 281). Esselbrügge erinnerte sich: „Bei meinem Eintreffen sitzt Weber schon am Tisch. Er schreibt an den Verein der Hamburger Weinhändler einen Geschäftsbrief. Er hat ihnen einen Entwurf für ein Werbeplakat gemacht: dicker Mann in Hemdsärmeln klemmt eine Flasche zum Entkorken zwischen die Knie: Entgelt: 50 Pullen Wein und 500 Mark. ‘Diese Leute sind Haifische, und ich der Schwertfisch, der sie schlitzt’“(Anm. 041) Dennoch - der Entwurf war zu hemdsärmelig geraten und fand keinen Anklang bei der feinen Wein-Klientel. In der „Deutschen Hotel-Zeitung“ stand zu lesen: „Vaters Weintag? Mutters Wein-Tag! ... Es gibt appetitlichere Möglichkeiten zur Werbung für einen vermehrten Weinabsatz. Ebensogut könnte man sich denken, eine von Meister Zille geschaffene Berliner Bouillonkellertype ist dabei, eine Flasche Kümmel zu entkorken. Nach Rhein und Mosel ‘riecht’ dieses auf uns wenig sauber wirkende Blatt nicht.“(Anm. 042)

Für Weber waren Reklame-Aufträge und ähnliches nunmehr reiner „Broterwerb“, deren er sich handwerklich immer qualitätvoll, jedoch oft unwillig entledigte, um seine finanzielle Situation zu verbessern. Er fühlte sich hierdurch von seiner eigentlichen künstlerischen Arbeit abgehalten. An Werner Kreie schrieb er am 5.1.1951: „Ich bin Ihnen ja immer noch die Antwort schuldig - vermutlich verpasse ich mal wieder eine große Chance - mich mit Reklame über Wasser zu halten - ich gerate da so etwas in einen Zwiespalt ich stehe einer großen Familie vor - die leben will. Da ich immer Melkkuh bin und auf der anderen Seite will ich nicht im Kleinkram in der Arbeit für Reklame ersaufen - noch ist der Wille wirklich zu schaffen - groß - besser noch der Druck der Zwang - auch die Reaktionsfähigkeit - Die Herren Koofmiche können das nicht lassen - schwache Stellen einzudrücken - das ist ja ihre Tüchtigkeit - so drücken sie also die Preise und es ist ein saures Brot - nach Toepfer hab ich meine Erfahrungen mit Still(Anm. 043) sammeln müssen und ich habe einen Bammel - auf diesem Gebiet noch mehr zu übernehmen.“

Manches trug zum Scheitern von Projekten bei - die Knappheit der Rohstoffe wie auch die Pleiten bei Verlegern und Zeitschriften. Esselbrügge schrieb am 26.5.1951 in sein Tagebuch: „Jedesmal, wenn er erscheint, ist etwas Neues im Gange oder in Gang zu bringen. Das Alte, soeben noch wichtig, ist vergessen, und man fragt auch nicht danach.“

Durch seine eigenwillige, häufig kompromißlose Art verscherzte sich Weber manchen Auftrag. Anpassen wollte er sich nicht und den richtigen Ton mit überheblicher Kundschaft oder allzu aufdringlichen „Liebhabern“ zu treffen, fiel ihm schwer. Esselbrügge schrieb am 17.7.1950: „ ... und er will Rat, ob er ... wenn er nach Osterode fährt, um einen reichen Fabrikanten zu porträtieren, kurz vor seiner Villa ein Auto mieten müsse, um mit einem Schwung wie ein großer Herr vorzufahren und damit höher herangehen zu können mit dem Preis.“
Für den „neuen Gönner“ Rudolf Kellermann(Anm. 044) entstand zunächst ein „Hirschbild“ - Weber malte einen Zehnender, den ein Groß-Schretstakener Nachbar geschossen hatte - dann ein Gruppenbildnis mit Kindern und Pferden, einen „Acker“, ein „Bild von Lonau“, eine winterliche Harz-Landschaft zwischen Hanskühnenburg und Osterode und Porträts von Kellermann und seiner Frau. Am 6.1.1951 berichtete er Alf Depser, daß er während der Fahrt in den Harz nebenbei einen ganzen Tag lang - eingehüllt in einen wärmenden Sack - eine Landschaft gemalt habe, „ ... hoch oben in den Bergen am 1.Nov. das war mit all seiner Schönheit ein großartiges Erlebnis - das gab mir Auftrieb - ich zehre heute noch davon.“
Die hochgesteckten finanziellen Erwartungen Webers erfüllten sich jedoch nicht: Der Auftraggeber klagte stets Änderungen an den Bildern ein. Die Bezahlung ging jahrelang schleppend, ja willkürlich vor sich und führte schließlich zum Bruch zwischen Auftraggeber und Künstler.

Porträts malte Weber fast stets vor Ort, wohnte bei den Auftraggebern, was den heimischen Haushalt sicherlich nicht unerheblich entlastete. So reiste er für sechs Wochen nach Cannstatt, um Porträts der Familie von Walther Obermiller zu malen. Auf die Frage, wie er denn seine Familie so lange allein lassen könne, entgegnete Weber lapidar: „Sollen sie Fallen stellen in der Hecke, sich einen Hasen fangen. Das Feld bietet alles, was einer braucht.“(Anm. 045) Auf den Reisen verband er das Nützliche mit dem Angenehmen: Ölgemälde von Landschaften, wie etwa in Franken (Abb. 282), waren dem alten Wandervogel immer eine Erholung.

Kernstück in Webers Schaffen wurden aber mehr denn je die graphischen Werke, die nun immer häufiger auf Ausstellungen zu sehen waren. Der Arbeitsaufwand, den er dafür trieb, war extrem hoch. Esselbrügge berichtete, daß Weber sich nie mehr als fünf Stunden Nachtschlaf gönne, zwar ein Mittagsschläfchen halte, tagsüber jedoch oft bei der Arbeit das Essen vergäße. „Nach Bremen ... habe ich mich kurze Zeit darauf zur Abwechslung mal auf die Nase gelegt - es rächte sich - immer wochenlang nur wenige Stunden für den Schlaf übrig gehabt zu haben ...“(Anm. 046)

Webers Graphiken wurden durch Ausstellungen, z.B. in Mannheim, Nürnberg - wo er vier Wochen bei Theo Schneider und Joseph Drexel verbrachte - und Bremen immer bekannter. Im Herbst 1950 stellte Weber in der Kunsthalle Hamburg im Rahmen der 100.Bilderwahl der Griffelkunst-Vereinigung 25 Graphiken aus.
Kurz darauf hörte er im Rundfunk Passagen aus dem Kapitel „Schwarze Spiegel“ des bis dahin unveröffentlichten Roman-Manuskripts „Brand’s Haide“ von Arno Schmidt. Dieser schilderte darin die Ausstellung und ging dabei auf Webers Werke ein. So hielt Schmidt „Das Gerücht“ für „die beste Allegorie seit Leonardo“ und schloß die Passage mit den Worten: „Und gelobt sei die Griffelkunst-Vereinigung ... denn ich habe den größten unserer neuen Graphiker gesehen: A. Paul Weber!“ Arno Schmidt schrieb Weber auf einer undatierten Postkarte: „Gestern sah ich die Ausstellung der ‘Griffelkunst-Vereinigung’ in der Hamburger Kunsthalle und muss Ihnen für die großen Eindrücke aus Ihren Arbeiten danken. ... Sie sind der größte lebende Graphiker, und ich verehre Sie so sehr!“
Trotz größter gegenseitiger Wertschätzung nach einer ersten Kontaktaufnahme am 14.12.1950 durch Weber, kam der Plan einer Illustrationsfolge für ein Werk von Arno Schmidt nicht zustande. Dieser betätigte sich aber jahrelang als „Vermittler“ von Weber-Lithographien, die bei der Griffelkunst für sechs bis sieben Mark, Farblithos für zwölf bis fünfzehn Mark zu erhalten waren.(Anm. 047)

Der damalige Direktor der Hamburger Kunsthalle, Carl Georg Heise, schätzte Webers Kunst nicht besonders. Nach der gegenständlichen Kunst-Diktatur der Nationalsozialisten gab es einen immensen Nachholbedarf der ungegenständlichen Kunst gegenüber, die vielfach auch als Befreiung von der jüngsten deutschen Vergangenheit empfunden wurde. Esselbrügge schrieb am 17.7.1950 in sein Tagebuch: „Direktor Heise, ‘Förderer der Abstrakten und der Surrealisten’, scheint seinen Widerstand gegen Weber aufgegeben zu haben, vielleicht nicht allzugern, aber er will wohl hinter Webers steigendem Ruhm nicht zurückstehen.“ Ganz so, wie Esselbrügge es gerne gesehen hätte, war es nicht, denn Weber zeichnete Heise zwei Jahre später satirisch als „Kunstpapst“ (Abb. 283) und schrieb dazu am 28.10.1952 an seinen Malerkollegen Alf Depser: „- dann hängt da Freund Heise als Kunstpapst mit einem Ei als Kopf - 2 Bevorzugte (trotzdem: einer ist schon gestorben) an der mageren Brust, unten hagelt es Hiebe - Proteste - Neid - Eifersucht toben sich da aus - er aber trampelt mit Elephantenfüßen die aufsässigen Künstler nieder - die Lehne seines Throns zeigt das Hamburger Wappen - die Löwen tragen blaue Brillen.“
In einem Brief an Werner Kindt stellte Weber resigniert fest: „ ... ein großer Teil der eigens für die Kunst bestellten Figuren zeigt mir - meiner Arbeit immer noch die kalte Schulter - Ich bin Ihnen zu wenig ‘modern’ - bin zu sehr Realist - altbacken, kleinbürgerlich - überhaupt kein Künstler.“(Anm. 048)

Das Stigma des Altmodisch-Figurativen traf damals viele Künstler. Jahrzehnte später allerdings stellte sich heraus, daß nicht nur selbsternannte Kunstexperten oder „der Zeitgeist“ mit der These „abstrakt = modern-fortschrittlich“ den traditionsverhafteten Künstlern das Leben und Arbeiten erschwerten - auch der amerikanische Geheimdienst CIA unterstützte nach 1949 die Durchsetzung der abstrakten Kunst in Westeuropa. Mehrere 100 Millionen Mark wurden in den kunstpolitischen Kampf gegen die Ideologie des Ostblocks und dessen „sozialistischen Realismus“ investiert.(Anm. 049)

Zunehmend mußte sich auch Weber mit den Spielregeln der langsam wieder erstehenden „exklusiven Kulturgesellschaft“ auseinandersetzen, was ihn zu manch satirischem Bild veranlaßte. Esselbrügge berichtete am 28.10.1951 über die Eröffnung der Ausstellung in der Bremer Kunsthalle, wo nach einer Mittagstafel und einem gemeinsamen Spaziergang, Kaffee und Kuchen gereicht wurden: „Dieser bürgerliche Stil des Tages ... hat für mich insofern Reiz, als Weber mit unerschütterlichem, heiterem Ernst in der Mitte der geladenen Gäste sitzt oder geht, die ja eigentlich alle nicht von seiner Art sind. Ich habe die etwas unheimliche fixe Idee, am Tisch eines Geistes zu sitzen, der mit jedermann freundlich ist, wo ihm doch alle ... ferner sind, als die Gestalten seiner Erfindung ...“ Am 17.1.1950 notierte er eine Erzählung Webers von „einer Begegnung mit einer hochkarätigen Dame, die ihm auf einer großen Gesellschaft die Hand zum Küssen unter die Nase hält, indessen er selber sie fröhlich lächelnd ergriff und bei zurückgelegtem Körper herzhaft schüttelte.“

Es war die Zeit als Hildegard Knef mit ihrem sekundenlangen Nacktauftritt in dem Kinofilm „Die Sünderin“ noch einen nationalen Skandal entfesselte ...

Der Aufschwung der „Clan-Presse“

Weber suchte seinen Markt verstärkt mit heiteren, unverfänglichen Motiven. Unter den ersten selbstgedruckten Lithographien waren auch die drei Farbdrucke(Anm. 050) „Kasper“, „Der Fuchs und die Trauben“ und „Kinder mit Drachen“ - alle für die Griffelkunst, wo sie 1950 und 1951 zur Wahl gestellt wurden. Weber hoffte, diese heiteren Blätter den Schulbehörden zur Ausschmückung von Klassenzimmern „der Kleinen und Kleinsten“ anbieten zu können. Er schrieb am 5.1.1951 stolz an Hans Schmidt-Gorsblock über die „Kinder mit Drachen“: „In der Kunsthalle Hamburg zeigten wir 25 neue Blätter, darunter unseren ersten Sechsfarbendruck, eine Lithographie, die ganz in Christians Werkstatt entstand.“ Und am darauf folgenden Tag an Alf Depser: „Wir haben noch vor Weihnachten unsere farbigen Drucke von den 2 Kindern und dem Drachen fertig ausgedruckt. Auflage 200 Blatt und 130 nahm die Griffelkunstvereinigung ab.“

Der Handdruck der Farblithos vom Stein war extrem aufwendig. Weber schrieb an Alf Depser, er wolle das Motiv „Mit den Wölfen mußt du heulen“ als nächsten Vierfarbdruck angehen - doch scheiterten die beiden Versuche und er kolorierte jeweils ein einziges Exemplar der Lithos von Hand und schliff die Steine danach wieder ab.(Anm. 051)

Durch die Einführung der Offset-Technik ging nach dem Krieg der Druck vom Stein im industriellen Bereich stark zurück, so daß Weber vergleichsweise günstig Litho-Steine in Hamburg und Lübeck, vor allem aber durch die Hilfe von Theo Schneider und Viktor Müller in Nürnberg erwerben konnte. „Wir sind in unserer Not dazu übergegangen, alle Steine auch unten abzuschleifen - daß wir also 2 Bilder von einem Stein drucken können - ich habe nämlich so eine Art Litho-Dünnschiß und möchte so 100 schöne fertige Steine vor mir liegen haben.“(Anm. 052)

Im Auftrage der Griffelkunst-Vereinigung arbeitete Christian Weber als Drucker der Clan-Presse auf eigene Rechnung auch für andere Künstler wie z.B. Karl Rössing oder Conrad Felixmüller.

1952 nahm Weber an der II. Internationalen Schwarz-Weiß-Ausstellung in Lugano teil, an der 24 Länder beteiligt waren. Weber war von der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert worden, vier Graphiken beizutragen. Deutschland war gleich fünffach vertreten: Bundesrepublik Deutschland, DDR, West- Berlin, Ost-Berlin und das Saarland. Zu den entsandten, hochkarätigen Künstlern gehörten u.a. Josef Hegenbarth, Erich Heckel, Karl Hofer und Karl Rössing.

Der Hamburger Günther Martin, ein Prokurist von Toepfer, bot Weber an, ihn mit dem Wagen hinzufahren und damit eine Urlaubsreise durch die Schweiz, Italien und Tirol zu verbinden. Der Künstler nahm das großzügige Angebot des „hochlöblichen und freundlichen Ehepaares“(Anm. 053) nur zu gerne an. Die Reise führte auch nach Mailand, wo Weber Leonardos „Abendmahl“ bewunderte, sowie nach Genua, Pisa, in die Uffizien von Florenz und nach Venedig. Im Dogenpalast faszinierten Weber weniger die reichen Ausstattungen der Säle als vielmehr die Reaktionen des Publikums. Auf der Rückfahrt hielt er die Dolomiten in Bildern fest. Ein vor Ort entstandenes Ölgemälde - eine Aussicht von der Seiser Alp - schenkte er dem Ehepaar Martin.

Auf der Ausstellung in Lugano zeigte Weber „Die Diskussion“ in einer neuen Fassung, ebenso wie den Eulenspiegel mit einem zerbrochenen Krug am Brunnen und „Die Schönheit wird zu Grabe getragen“ aus der Leviathan-Reihe. Alle diese Motive waren ältere Bildideen, wurden aber neu bearbeitet. Esselbrügge schrieb am 10.3.1952: „An der Umgestaltung der ... Blätter hat er drei Wochen lang Tag und Nacht geschuftet, oft bis zur Erschöpfung. Die Diskussion zeichnete er in verschiedenen Variationen nicht weniger als zehnmal ...“

Hier zeigt sich deutlich, daß Weber seine eigenen Motive oft erneut aufgriff und sie zu verbessern suchte. Die nun beherrschte Technik der Lithographie bot die Möglichkeit, relativ hohe Auflage zu drucken und zu verkaufen, so daß er häufig ältere Bildideen in das Druckmedium übertrug, um diese kommerziell besser nutzen zu können. „ ... ich kann nicht von Ausstellung zu Ausstellung immer das Beste noch einmal neu oder besser zeichnen - und so will ich meine Drucke vermehren.“(Anm. 054) Andererseits versuchte er in immer neuen, oft nur minimal unterschiedlichen Varianten alte Bildmotive zu verbessern, entfernte sich damit jedoch oftmals von der Spontaneität und dem sicheren Strich der ersten Fassung.

Das einzig neue Motiv in der Ausstellung von Lugano war „Der Trommler“(Anm. 055) (Abb. 284), ein Blatt, das auf die aktuelle Diskussion um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Bezug nahm. Weber, der beide Weltkriege miterlebt hatte, warnte hier vor einer Remilitarisierung: Eine kopflose Figur in zerschlissener Prachtuniform balanciert trotz Holzbeinen auf einem mürben Seil, das zu zerreißen droht und rührt dabei eifrig und unverbesserlich die Kriegstrommel. „Die Welt“ urteilte über die in Lugano gezeigten Arbeiten Webers: „Der Reiz liegt hier fast im Journalistischen, aber alles mit Qualität gemacht.“(Anm. 056)

Erne Maier, ein Freund Webers, erinnerte sich: „Vielen von uns war es unvorstellbar, daß in Deutschland noch einmal Waffen hergestellt und getragen würden. Deutsche in Uniform, meinten wir, würde es nie mehr geben. Wir irrten uns. Bereits 1951 begann die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. A. Paul Weber war entsetzt. Er zeichnete den ‘Trommler’.“(Anm. 057)
Das Thema der Remilitarisierung und die Rückkehr ehemaliger Nationalsozialisten in hohe Ämter beschäftigte Weber in dieser Zeit sehr. In der Lithographie „Morgenluft“ kriechen ordengeschmückte Gerippe wieder aus ihren Särgen; „Die Produktion läuft an“ zeigt den Tod, der schon wieder einen Güterwaggon voll Orden bereitstellt.
Am 4.10.1951 entstand die Federzeichnung „Die Wäsche“ (Abb. 285). Der vor kurzem gehenkte Kriegsverbrecher wird abgenommen und reingewaschen. Weber äußerte sich in Briefen an Freunde über ihm bekannte alte Nazis, die mit einem blauen Auge oder ungeschoren davonkamen.(Anm. 058) Im Juni 1951 vollstreckte man in Landsberg am Lech an SS-Offizieren die letzten Todesurteile aus den Nürnberger Prozessen durch den Strang. In vielen Pressekommentaren äußerte man sich verwundert, daß angesichts der deutsch-amerikanischen Freundschaft überhaupt noch über die Verbrechen des „Dritten Reiches“ Gericht gehalten werde.

1952 lithographierte Weber das Blatt „Zwischen den Stühlen“ (Abb. 286), dessen Titel er fortgeführt hat „ ... sitzt der Narr bequem“. Wieder benutzte er die Figur des Narren zur Darstellung seiner persönlichen Situation. Nicht nur im neu entstehenden Kunstmarkt, in dem Webers Arbeiten stilistisch unzeitgemäß zu wirken begannen, auch politisch saß er „zwischen den Stühlen“. Dennoch schmaucht der Narr vergnügt grinsend sein Pfeifchen. Der Philosoph Gerd Wolandt schrieb: „Stühle sind Stühle, sollte man meinen, aber nicht Webers Stühle. Der Narr ist gar nicht so schlecht daran, denn die Stühle sind brüchig, die Polster zerschlissen, sie sind Gerümpel, die Position von gestern, wer weiß, ob der Narr nicht allen voraus ist, dieser sinnende Kerl im historischen Kostüm. Er sitzt unten, aber wie lange bleibt denn einer oben auf dem wackligen Stuhl? Wie viele drängen sich auf den Stühlen der Macht? Wie kleben sie auf ihren Stühlen, krallen sich fest auf dem Präsidentensessel. Der Schalk sitzt dazwischen ...“(Anm. 059)
Das Motiv wurde durch den Weber-Kreis in der Griffelkunst-Vereinigung einem breiten Publikum zugänglich gemacht und im Entstehungsjahr auch auf einem Ausstellungsplakat des Lichtwark-Ausschusses in Bergedorf abgedruckt. Der Weber-Kreis entstand 1951 mit 50 Mitgliedern, die zweimal pro Jahr ein zusätzliches Weber-Blatt auswählen durften. Bereits im folgenden Jahr hatte sich die Zahl der Mitglieder verdoppelt und stieg beständig; 1964 waren es bereits 328 Mitglieder. Der Gründer der Griffelkunst-Vereinigung, Johannes Böse, schrieb am 5.11.1951 an Weber: „Unser Weber-Kreis ist zustande gekommen. ... Ich muß es wieder einmal sagen: Ich bewundere Ihre Kunst so sehr, daß mir jedes Wort fehlt, die Wahrheit zu sagen, ohne daß es mir verfehlt am Platz vorkommt - Das sehr Wenige, das ich tun kann, Ihr Können andern Menschen in der richtigen Weise zu zeigen, steht beschämend klein neben Ihrem Können. Gleichwohl werde ich nicht aufhören, nach meiner Kraft dafür zu werben.“

Weber empfing auch gerne die interessierten Mitglieder der Griffelkunst zuhause in Groß-Schretstaken. Daß dies für ihn eine herzliche Freude war und weniger geschäftliches Kalkül, drückt das Dankschreiben von Böse nach einem Besuch im Juni 1950 aus: „Lieber Herr Weber! Wie Sie und Ihre ganze Familie bei unserm Besuch uns bewirtet haben mit Kunst und leiblichen Genüssen, so reich, so schön, das erfreut und beglückt und bedrückt mich doch ein bißchen. Sie geben ständig und bereichern alle Gäste. Mich selbst aber beklemmt es ein bißchen, daß wir zu viele waren, daß wir Ihre Liebenswürdigkeit, Ihre Zeit und Kraft zu sehr wie selbstverständlich hinnahmen. Ich kann Ihnen aber sagen, wie sehr alle restlos begeistert waren von allem, von der vornehmen, liebenswürdigen und natürlichen Atmosphäre Ihres Hauses, Ihrer Familie - und wie sie staunend still sind vor der genialen Kraft Ihres Schaffens. ... Ich wünschte nur, ich könnte etwas helfen, damit Ihre einmalige Kunst mehr anerkannt wird in weiteren Kreisen.“

1951 entstand die Farb-Lithographie „Rückgrat raus!“ (Abb. 287). Esselbrügge schrieb am 17.12.1951: „Webers Laune steckt an ... ist aber schwer mit der Thematik neuer, zum Teil schon lithographierter Handzeichnungen auf einen Nenner zu bringen. Ein Chirurg z.B., das Messer zwischen den Zähnen, bricht einem Patienten das mit zwei Längsschnitten freigelegte Rückgrat heraus, man hört es knacken ... Weber zeigt mit dem Finger auf sein Schauerwerk und sagt: ’Das ist positive Kunst!’ Aber welche Unterschrift wählen? Ich schlage vor: ‘Ohne Rückgrat gehts leichter!’ Oder: ‘Antreten zur Entgrätung!“
Das Motiv erregte beträchtliches Aufsehen, als es am 14.10.1952 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschien. Weber berichtete am 28.10.1952 Alf Depser: „ - meinen Knallfrosch - die Rückgratlosen, den kennst Du doch? - die Frankfurter Allgemeine druckte ihn ab - und da gab es Zustimmung wie auch Protest und hinterher Stellungnahme des Schriftleiters - das gab mir recht und das Echo merke ich endlich an Zuschriften und Bestellungen ...“

Die Veröffentlichung seiner Werke in renommierten Tageszeitungen wie der FAZ, der „Welt“ und schon Anfang 1950 in den „Nürnberger Nachrichten“, deren Verleger Joseph Drexel Weber aus der Mitgliedschaft im „Widerstandskreis“ kannte, oder am 25. Dezember auf der Rückseite des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, der auch einen Artikel über Weber veröffentlichte,(Anm. 060) brachten eine neue Dimension der Verbreitung mit sich. In der FAZ wurden bereits am 19.6.1952 die „Kampfpause“ (späterer Titel „Weltpolitischer Zwischenakt“ oder „Paukenschläge“) abgedruckt, am 21.8. „Der Sprung“ und am 30.9. „Der Fund“. „Solche Veröffentlichungen helfen mir sehr - mich größeren Kreisen bekannt zu machen.“(Anm. 061)

Kurt Esselbrügge notierte summarisch wertend am 10.3.1952 in seinem Tagebuch: „So ist das also. Die Askese, die Reizbarkeit, die strenge Ökonomie der Kräfte, der Nachmittagsschlaf, das Erwachen der geistigen Klarheit und der sicheren Hand zur Nacht, wenn alles ringsum schlafen gegangen ist, die zähe List und Verbissenheit, den spröden Rohstoff die höchste, in ihm schlummernde Möglichkeit abzugewinnen, das Nichtablassen, und wenn es die Nerven und das Leben kostet ...“

„Weinheimer Drucke“

Unter dem stets herrschenden Zwang, genügend Geld zu verdienen, nahm Weber 1952 einen umfangreichen gebrauchsgraphischen Auftrag an: Zusammen mit dem Oberschulrat Otto Monsheimer als Herausgeber war der Plan entstanden, zur Ausgestaltung hessischer Berufsschulen, aber auch für „Berufs- und Fachschulen, Handwerkerverbände, Handwerksbetriebe, Ausbildungsstätten, Wohnheime, Jugendherbergen und für die Freunde guter Graphik“ eine Serie von „schönen, werkgerechten, volkstümlichen und preiswerten“ Farbdrucken zu schaffen, auf denen alte Handwerksberufe dargestellt werden sollten. Man dachte an eine “Kulturgeschichte des Handwerks in Wandbildern“ und der Verlag Beltz kündigte an: „Zum guten Fachbuch im neuen Berufsschulhaus endlich auch der berufsverbundene künstlerische Wandschmuck! ‘Von der edlen Kunst des Handwerks’.“ Hierzu dienten Holzschnitte und Kupferstiche aus dem 14. bis 17.Jahrhundert als Vorlagen. Diese fand Weber in seiner Handbibliothek, vor allem in der vom Hallenser Buchbinder Reinhold Thurm Mitte der 20er Jahre privat für ihn in Halbpergament gebundenen Reihe „Monographien zur deutschen Kulturgeschichte“(Anm. 062). Aus Band 8 „Der Handwerker in der deutschen Vergangenheit“ von Ernst Mummenhoff stammte die Darstellung der beiden Zimmerleute (Abb. 288) - angeblich ein Holzschnitt von Hans Schäufelein. Weber übernahm diese Zuschreibung. Tatsächlich schuf das Blatt Leonhard Beck, einer der bekanntesten Hofkünstler von Kaiser Maximilian I.(Anm. 063) Weber beschränkte sich in seiner Arbeit auf den mittleren Teil des Holzschnitts, so daß aus der nahezu quadratischen, etwas behäbigen Darstellung ein schlankes Hochformat wurde. Stärker als bei Beck, der neben der Arbeit der Zimmerleute auch noch zwei Häuser im Bau zeigte, rückte hier der lernwillige jugendliche Kaiser in den Mittelpunkt. Das Interesse dieses „letzten Ritters“ adelte förmlich das Schaffen der Handwerker. Zur Verlebendigung der Szene trug die leuchtende Farbgebung bei.

Weber setzte die Motive zunächst in Ölbilder und farbige Federzeichnungen um, die den Charakter der Vorlagen zugunsten einer einheitlich-plakativen Wirkung weitgehend aufgaben. 26 solcher Bilder stellte er in der Frankfurter Paulskirche aus, als dort Pläne für Schulneubauten präsentiert wurden. Der Verlag Julius Beltz in Weinheim sollte anschließend Farbdrucke herstellen. Ende Juli 1952 verbrachte Weber drei Wochen in der dortigen Druckerei und zeichnete die einzelnen Farben direkt auf die Zinkplatten - ein äußerst mühevolles Verfahren, um die Kosten niedrig zu halten. „ ... die ersten Versuche verliefen erfolgreich. - Nur - und das ist schwer und gewichtig in der Gesamtarbeit - ich muß die sämtlichen Druckplatten selbst herstellen - es würden die Kosten für die Klischees auf rein fotomechanischem Wege hergestellt - so hoch sein - über 2000.-- DM für ein farbiges Bild .... daß kein Verleger an eine solche Aufgabe herangehen könnte - ich stehe also am Anfang einer ganz großen Arbeit.“(Anm. 064) Theo Schneider gestand er brieflich: „Ich hoffe - damit endlich aus den ewigen Geldsorgen heraus zu kommen - es fällt mir das wohl schwer und ich hätte so viel schöne Themen zu malen und zu zeichnen - die eben mehr auf dem kulturpolitischen Gebiet liegen würden. Doch bisher brachten diese keinen Umschwung - meine Nöte einigermaßen erträglich zu steuern.“(Anm. 065)
Nur drei Motive - „Böttcher“, „Dorfschmied“ (nach einer Vergil-Ausgabe von 1502) und „Zimmermann“ (nach Veit Stoß) - wurden nach längerer Unterbrechung schließlich 1958 gedruckt. Weber zeichnete diesmal mit schwarzer Tusche auf Astralon-Folien. Weil die erhoffte finanzielle Unterstützung durch die Behörden jedoch ausblieb, wurde das Projekt aufgegeben.
Auch scheiterte damit endgültig Webers Versuch, in gebrauchsgraphischen Zyklen formal wie inhaltlich an seine früheren Arbeiten für Toepfer, etwa die Ausgestaltung der Jugendherbergen, anzuknüpfen. Das Ergebnis des Projektes wie auch die Situation, beständig Aufträge zum „Broterwerb“ ausführen zu müssen, war unbefriedigend und hinderte den Künstler in seiner Entfaltung. „So stehe ich mit einem Bein in der Reklame und mit dem anderen in der reinen lieben Kunst - daß das am Ende eine Humpelei ist ... das ist klar ... hier wird die Kunst verwurstet!“(Anm. 066)

„Haas und Swinegel“

Vielleicht angeregt von dem Puppentrickfilm der Gebrüder Diehl vom „Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel“, der 1938 große Erfolge feierte, hatte Weber schon 1939 als eines der ersten Blätter für die Griffelkunst „Haas und Swinegel“ lithographiert: Der Igel sitzt nach dem gewonnenen Wettlauf pfeiferauchend auf dem toten Hasen. Allerdings hat die Darstellung eine grausame Note und war möglicherweise als politische Anspielung gemeint. Der Hase hat das Maul im Todeskampf aufgerissen, der Igel lächelt triumphierend.

Im Dezember 1947 lehnte Weber das Angebot, Bilder von „Haas un Swinegel“ als Illustrationen in einem geplanten Schul-Lesebuch zu veröffentlichen, zunächst wegen der notwendigen Verkleinerung der Bilder ab. Aus einem Brief des Verlegers vom 6.12.1947 geht hervor, daß dieser versuchen wollte, die Geschichte in Plattdeutsch zu veröffentlichen, jedoch Schwierigkeiten mit der Zensur der britischen Besatzungsmacht hatte, welche die Geschichte als typisch deutsch und gleichzeitig von zweifelhafter Moral ablehnte. Weber veranlaßte dies zu der Zeichnung „Das Hochgericht“, das die so zum Tode verurteilten Märchenfiguren am Galgen zeigte - das Motiv wurde 1950 lithographiert.
Am 20.11.1948 bat Weber Theo Schneider um das Besorgen kleinerer Lithosteine: „ ... ich will Swinegel und Has doch als Bilderreihe herausbringen.“ Im gleichen Jahr zeigte eine Lithographie - ebenfalls bei der Griffelkunst erschienen - den Igel weit vergnüglicher: Er sitzt allein auf einem Stein und schnupft zufrieden lächelnd eine Prise Schnupftabak. Von Webers Lithographie wurden bei der Griffelkunst 1078 Exemplare verkauft - das Dreifache „normaler“ Auflagen.

Für die Publikumswirksamkeit solcher Igel-Figuren sorgte nicht zuletzt die Popularität von „Mecki“, einer Schöpfung von Wilhelm Petersen(Anm. 067), die in der Zeitschrift „HÖR ZU“ seit 1949 zum Begriff geworden war. So wie dem in der Zeit des Nationalsozialismus anerkannten und einflußreichen Wilhelm Petersen gelang es auch anderen Künstlern nur mühsam, nach dem 2.Weltkrieg wieder Aufträge zu erhalten. Vor dem Entstehen der beiden deutschen Staaten war dies in den vier Besatzungszonen am ehesten mit unpolitischer Porträt- und Landschaftsmalerei oder - weil emotional ansprechender - mit Tierdarstellungen möglich. Ein ähnlicher Erfolg wie „Mecki“ war etwa „Lurchi“, der Werbefigur der Salamander-Schuhfabrik aus Kornwestheim beschieden. Es gab aber auch vollkommen neue Wege: Der Zeichner Manfred Schmidt(Anm. 068), der wie Weber 1940 für den Nibelungen Verlag und später ebenfalls für die Zeitschrift „Signal“ gearbeitet hatte, erfand 1949 - als Parodie auf die noch ungewohnten amerikanischen Comic-Hefte mit ihrem Zeitraffertempo, den Sprech- und Gedankenblasen sowie den ins Bild notierten Geräuschen - den Meisterdetektiv Nick Knatterton. Diese flott gezeichnete, von kuriosen Details wimmelnde Abenteuerserie wurde bei Kindern und Erwachsenen ein ungeahnter Erfolg und verhalf der Illustrierten „Quick“ zu einer gigantischen Auflagensteigerung.

An Hans Schmidt-Gorsblock wandte sich Weber am 6.8.1952 mit der Idee, zusammen mit ihm ein Bilderbuch mit der Geschichte vom Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel (Abb. 289) zu erarbeiten: „‘Haas und Swinegel’ ließ mich nicht los und ich nahm die schon 46/47 begonnene Arbeit wieder auf und trieb sie ein gutes Stück weiter - ich zeichnete einen Teil schon auf Stein und werde in der kommenden Woche Abzüge herstellen - ich habe den Ablauf durch Einfälle etwas breiter dargestellt - sodaß ich auf 14 - 16 Bilder kommen werde - Es dreht sich dann darum - den Text auch umfangreicher zu gestalten. Sie werden dann sehen: da steigt die Frau Igel in die Hosen des Mannes um ihm gleich zu sein - da bringt er sie an den Ort ... und gibt ihr Unterweisung - wie sie sich zu führen hat. Da schauen von weitem die kleinen Igelkinder den Alten zu [Abb. 290] - wie sie den Hasen erledigen - usw. Ich möchte den Text in großer Schrift weit durchschossen auf die linke Seite dem Bild gegenüber anordnen. Was halten Sie davon - wenn ich Ihnen vorschlage - den Text in platt-dänisch oder dänisch abzufassen und wenn dann die Reihe voll fertig vorliegt - die Arbeit als Kinderbilderbuch ... anzubieten?... Hätten Sie Lust dazu?“ Doch auch dieses Projekt blieb mit fünf ausgeführten Lithographien in den Anfängen stecken, weil Weber die Litho-Steine ausgingen. Dennoch bildete die Motivreihe die Wurzel für Webers umfangreiche Tierbilder-Serie.

Erste Tierbilder im „Lichtwark-Kalender“

Wohl angeregt von einer Weber-Ausstellung in Bergedorf beauftragte der dort ansässige Lichtwark-Ausschuß den Künstler 1952 mit der Gestaltung der Weihnachtsnummer seines Mitteilungsblattes. Womöglich kam die Idee von Weber selbst, denn bereits für den „Deutschen Volkskalender Nordschleswig“ hatte er jeweils den Umschlag, ein ganzseitiges Bild auf der ersten Seite und das Kalendarium mit zwölf Monatsbildern gezeichnet. Umschlag und Frontispiz zeigten hier nun - dem Erscheinungstermin angemessen - weihnachtliche Themen, die Monatsbilder lustige Tiermotive (Abb. 291-294).
Weber hoffte sicherlich, durch das Kalendarium dieser Heimatzeitschrift die Tierbilder, die ihn bereits vorher beschäftigt hatten, einem breiten Publikum vorstellen zu können. Möglicherweise basierten sie auf Arbeiten zu den geplanten Kinderbilderbüchern und waren von dem Zyklus „Haas und Swinegel“ angeregt. Er schrieb am 19.12.1952 an Hans Schmidt-Gorsblock: „Hier lege ich den Lichtwark-Kalender bei mit den Monatsbildern - ... vielleicht werde ich später noch die liebsten Themen lithographieren. Wäre das nichts - so in dieser Art so 60 bis 80 Bilder und unter jedes ein Gedicht - alles für die Kinder bestimmt? - möchte uns doch solch ein kleines - großes Werk gelingen.“ Ermutigt durch die prosperierende Litho-Produktion der eigenen „Clan-Presse“ wollte Weber nun beliebte Motive auch lithographieren, um sie an Sammler und Liebhaber zu verkaufen.
So lithographierte er gleichzeitig oder bereits kurze Zeit nach dem Erscheinen des ersten von ihm gestalteten Lichtwark-Kalenders „Die Musikanten“ und „Die Maibowle“, die beide im Kalender als Federzeichnungen abgedruckt worden waren (Abb. 291 und 292). Die großformatigen Lithographien waren dichter gezeichnet und detailreicher ausgearbeitet und wurden auch bei der Griffelkunst-Vereinigung zur Wahl gestellt. Zahlreiche Tiermotive folgten im Laufe der 50er Jahre. Viele davon wurden als Federzeichnungen erstmals in den Lichtwark-Kalendern veröffentlicht. Presse und Publikum reagierten begeistert auf die neue Ausstattung. Die „Bergedorfer Zeitung“ schrieb am 13.12.1952: „Wir sind der Überzeugung, daß kaum jemals an irgendeinem Ort soviel Initiative und soviel Formvermögen Ausdruck gefunden haben, wie in diesem Heft, dessen lächerlicher Preis keinen am Kulturgeschehen unserer Zeit Interessierten von seinem Erwerb abhalten sollte. ... Fazit: Es dürfte heute in Bergedorf und ... in der weitesten ... Nachbarschaft nicht einen einzigen geben, der nicht zum Besitzer des weihnachtlichen „Lichtwark“ wurde.“ Der „Hamburger Anzeiger“ lobte, daß das Heft, welches für 35 Pfennige im Buchhandel erhältlich war, durch Webers Mitarbeit „geradezu Sammelwert bekommen hat.“(Anm. 069)

Die possierlichen Tierbilder erfreuten sich so großer Nachfrage, daß sie zu einem finanziellen Standbein für den Künstler werden sollten und ihn weitgehend vom Zwang zum „Broterwerb“ durch gebrauchsgraphische Arbeiten entbanden. Seit dem Beginn der 50er Jahre entstanden nur noch vereinzelt gebrauchsgraphische Arbeiten, meist Neujahrs-, Weinhnachts- oder Hochzeitskarten für Freunde und Bekannte wie z.B. den Nürnberger Ingenieur Karl Rieger(Anm. 070) oder Viktor Müller(Anm. 071).

In den folgenden Jahren bis 1957 erschien - mit Ausnahme des Jahrgangs 1955 - je eine Folge von 12 Tierbildern im Kalendarium, so daß insgesamt fast 60 derartige Zeichnungen veröffentlicht wurden.(Anm. 072) Im Jahrgang 1958 ließ Weber auch ein kritisches Blatt „Die Waage“ einfließen, das Justitia als Waage zeigte, die in ihren Schalen einen Richter und einen Häftling gegeneinander abwägt. Wahrscheinlich war Webers Ärger über seinen Prozeß mit dem Köhler-Verlag wegen des Münchhausen-Buches Auslöser für das Motiv. Im folgenden Jahr brachte Weber ausschließlich kritische Motive, die er der ersten Ausgabe seines „Kritischen Kalenders“ entnahm - auf dem Monatsbild für den Dezember, das sonst beschauliche Weihnachtsfeiern im Tierkreis schmückten, waren nun zwei verwundete Soldaten zu sehen. Im Vorwort las man dazu: „Im Gegensatz zu seinen fröhlich-ironischen Tierbildern früherer Ausgaben zeigt A. Paul Weber sich jetzt von seiner ernsteren Seite. Seine diesjährigen Kalenderbilder unter dem Thema ‘Was uns auf der Seele brennt’ fordern zum besinnlichen Betrachten und zur Selbstkritik heraus.“ Die Akzeptanz der Leser hierfür war sehr gering und wahrscheinlich gab es Proteste, so daß im folgenden Jahr, das nun wieder eine komplette Folge neuer Tierbilder enthielt, im Vorwort entschuldigend hieß: „Mit ihnen ... darf unser ‘Lichtwark’ auf eine freundliche Aufnahme hoffen.“

1961 wurden keine Weber-Bilder abgedruckt, da der Kalender diesmal einer Ehrung des Malers Hans Förster zum 75.Geburtstag vorbehalten bleiben sollte. Im folgenden Jahr zeigte das Frontispiz eine Versammlung von Hunden an einem großen Konferenztisch - mit einem Löwen als Vorsitzenden. Auch das Kalendarium bestand ausschließlich aus „Löwen-Szenen“. Weber würdigte mit dieser besonderen Ausstattung den aus dem Lichtwark-Ausschuß ausscheidenden Bezirksleiter, Regierungsdirektor Albert Schaumann aus Bergedorf, dessen Tierkreiszeichen der Löwe war. Jedes der Monatsbilder bezog sich in den dargestellten Szenen auf Beruf, Eigenschaften oder Hobbies des auf diese Weise Geehrten.

Ohne Zweifel war der Kalender für Weber Anfang der 50er Jahre ein wichtiges Sprungbrett. Es gelang, einen neuen „Kundenkreis“ zu erschließen, denn die zunächst für Kinder gedachten Tiermotive hatten durch ihren liebenswürdigen Humor schnell auch die Herzen der Erwachsenen erobert. Ab dieser Zeit polarisierte sich aber auch oft die Wertschätzung des Publikums für Webers Bilder: Die einen bevorzugten die heiteren Tierbilder, die anderen seine kritischen Arbeiten. Diese auf den ersten Blick so gegensätzlich erscheinenden Welten waren für Weber kein Widerspruch. Auch in seinem Charakter vereinigten sich liebenswürdiger Humor und Liebe zur Natur mit der kritischen Sorge um den Menschen und sein Tun. Viele der Bildmotive aus dem Tierreich entsprangen seinen Beobachtungen im geliebten Garten, wo er Käfer, Glühwürmchen, Schmetterlinge, Maulwürfe, Katzen, Igel, Füchse, Eulen, Mäuse, Hamster, Gänse, Eichhörnchen, Raupen, Wildschweine, Hähne, Raben, Frösche, Hasen oder Grillen studieren konnte, um sie am Zeichentisch in erheiternden Situationen „menschlich“ darzustellen: So brauen Maikäfer eine Bowle, ein Maulwurf gräbt sein Feld um, eine Eule unterrichtet eine Mäuseklasse, ein Otter angelt und im Dezember-Bild sitzen ein Karpfen und eine Gans an der festlich gedeckten Tafel: Der Karpfen verspeist einen Gänsebraten, die Gans tut sich am Weihnachtskarpfen gütlich.

Die Vorbilder für diese Art von Darstellungen lagen in der literarischen Gattung der Fabel, in der Tiere wie Menschen agieren, und sicherlich auch in den Graphiken von Grandville, die Weber gut kannte. Dessen zweibändiges Werk „Scènes de la Vie privée et publique des Animaux“ von 1842 mit 319 Holzschnitten über das Familienleben und Staatswesen der Tiere, die in menschlichem Habitus agieren, mag für Weber überaus anregend gewirkt haben, wenngleich er nie Motive daraus kopierte. „Ich will den Menschen die Liebe zu den kleinen Dingen wiedergeben ... Güte zur Kreatur schlechthin, Liebe zur Schönheit, Gefühl für Harmonie folgen daraus von selbst.“(Anm. 073)

Diese Bildwelt stand jedoch in krassem Gegensatz zu den Lebensumständen des nun 60jährigen Künstlers, die sich trotz der begeisterten Aufnahme der Tierbilder beim Publikum immer noch nicht gebessert hatten. „ ... gutes Echo und viel Druckerschwärze geben eben doch kein täglich Brot. Da hilft nur schaffen - schaffen - schaffen. Ich habe auch an meinem Tierbilderbuch genug zu tun - doch davon werden vorerst keine Schulden bezahlt.“(Anm. 074)

Zu den ohnehin nicht rosigen wirtschaftlichen Verhältnissen kam hinzu, daß Webers Bruder Hans 1951 wieder zurück in die Türkei ging und Schulden hinterließ. Am 19.6.1953 vertraute Weber dem Freund Alf Depser an: „Es ist bei mir ohn Unterlaß ein zähes Würgen und trotz aller kleinen Erfolge - es wird doch von Jahr zu Jahr schwerer. ... Wechsel - mein Lieber - da ist das Leben eine Lust - und wenn dabei die Kunst nicht zur Hure wird - da ist es ein Wunder ... wie es mir möglich ist gut zu schaffen ....“

Wie Weber sich seine Stellung als Künstler in der Gesellschaft eigentlich erträumte, zeigt eine Federzeichnung aus dieser Zeit: „Der Künstler und die Könige“ (Abb. 295).

„Das ewige Jugendland“ (Anm. 075) Wiederbegegnung mit dem „Jung-Wandervogel“

Webers Leben und Schaffen in der Nachkriegszeit wurde von der allgemeinen Notlage bestimmt, doch wirkten sich gelegentlich weit zurückliegende Freundschaften hilfreich aus. Völlig überraschend erreichte ihn 1952 eine Einladung, am ersten Treffen des „Jung-Wandervogels“ nach dem 2.Weltkrieg auf dem Finkenborn in der Nähe von Hameln teilzunehmen. Es war wie ein Gruß aus längst vergangenen Tagen.
Der „Jung-Wandervogel“ hatte seine Blütezeit in den Jahren zwischen der Gründung 1910 und dem Ausbruch des 1.Weltkriegs 1914 erlebt - einer Phase, in der auch Weber Nestabende, Wanderungen, Fahrten und Bundestreffen mitgemacht hatte. Der 1.Weltkrieg brachte Ernüchterung, Verbitterung und - vor dem Hintergrund allgemeiner Verelendung - Zukunftsängste mit sich. Dennoch lebte 1919 beim Bundestreffen des „Jung-Wandervogels“ auf der Ruine Brandenburg (westlich von Eisenach) überraschend der alte Wandervogelgeist mit seiner Lagerfeuerromantik, dem Singen, Musizieren und einfachen Campieren wieder auf. Allerdings machten sich bald soldatische Züge bemerkbar. Einstiges Hordenleben, ausdrücklich programmlos gestaltet, nahm jetzt gelegentlich den Charakter von Wehrübungen an. 1933 lösten sich die Bünde schließlich auf oder wurden im Zuge der Gleichschaltung von nationalsozialistischen Organisationen übernommen. Der Kontakt untereinander lockerte sich und riß, bedingt durch den 2.Weltkrieg, schließlich ganz ab.
So waren Jahrzehnte vergangen, als am Vorabend des Weihnachtsfestes 1951 der Verwalter Rudolf Ibbeken(Anm. 076) in der Lungenheilanstalt Riepenburg(Anm. 077) mit einigen Patienten und Schwestern Lieder für die bevorstehende Weihnachtsfeier übte. Dabei fiel ihm ein Mann auf, der trotz seines elenden Zustandes über eine vorzügliche Stimme und erstaunliche Textkenntnisse verfügte: Willie Jahn(Anm. 078). Man war sich schon einmal begegnet - beim Bundestreffen des „Jung-Wandervogel“ auf der Brandenburg 1919. Aus der Wiedersehensfreude erwuchs sehr rasch der Plan, eventuell noch lebende Bundesbrüder ausfindig zu machen. Die ersten Erfolge stellten sich schon 1952 ein. Anläßlich der Messetage in Hannover meldeten sich beim dortigen Druckereibesitzer Ernst Bekedorf einige altgewordene Jung-Wandervögel, und für das bereits erwähnte „Erste Treffen des JWV nach dem 2.Weltkrieg“ nahmen Ende September des gleichen Jahres 45 Teilnehmer alle nur erdenklichen Mühen auf sich, um auf der Riepenburg dabei zu sein. Ibbeken hatte trotz aller widrigen Zeitumstände mit großem Organisationstalent Laster besorgt, die die Teilnehmer vom Bahnhof in Hameln zur Riepenburg hinauffuhren. Sämtliche Dachkammern dienten als Notunterkünfte, es gab sogar „Menüs“ als Mahlzeiten.
Von nun an wurden Rundbriefe verschickt und ein „Unterstützungsfonds alter Gefährten und hinterbliebener Familien, die in bedrängter Lage sind“, gegründet. Der charismatische Willie Jahn bat um Kleiderspenden - „brauchbare Kleidung, Schuhe und Wäsche jeder Art“ - und „für die Ostzone wichtige Lebensmittel“. Als Dank wurde den Spendern ein Blatt Webers übermittelt, das der Künstler unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte: „Jung-Wandervogel 1917. Freundesdank des JWV“. Es waren keine „Handabzüge eines Holzschnitts“, wie in den Rundbriefen annonciert, sondern Reproduktionen einer Zeichnung Webers von 1917, die den allgemeinen Geschmack immer noch traf.
Im Juli 1954 nahm der Künstler zum erstenmal am jährlichen Treffen des JWV am Edersee teil. Inzwischen hatte man über 100 Adressen einstiger Jung-Wandervögel gesammelt. Die Unterbringungsmöglichkeiten auf der Riepenburg reichten nicht mehr aus. Durch den Mediziner Prof. Hans Grebe, Vorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes in Frankenberg, bot sich die Möglichkeit eines Zeltlagers (alte amerikanische Restbestände) in der Nähe von Hof Asel am Edersee. Weber war mit seinen 60 Jahren keineswegs der älteste Teilnehmer. Neben den schon Genannten war Hjalmar Kutzleb gekommen, Gottfried Dutschke, Werner Spitzer, Horst Kunert .... 1955 erschien auch Theo Garve, einst Schüler von Max Beckmann in Frankfurt am Main, später Professor an der Landeskunstschule Hamburg. Webers Arnstädter Schulfreund Hanns Roggenkamp folgte und die in der Jugendbewegung bzw. durch Burg Ludwigstein und dessen Archiv bekannten Hans Wolf, Gerhard Ziemer, Otto Steckhan, Achim Gercke, Georg Liebig und Wolfgang Gössl. Manche brachten bereits ihre Söhne mit - es waren reine Männertreffen -, wie auch Weber 1958 und 1959 von seinem ältesten Sohn Christian begleitet wurde. Der fuhr ihn nämlich inzwischen mit seinem VW-Käfer nicht nur zu Ausstellungsorten, sondern auch zu den Treffen des „Jung-Wandervogel“.
Weber nahm von 1954 bis 1959 an allen Bundestreffen teil. Künstlerisch dürften ihm die jährlichen Begegnungen am Edersee wenig neue Impulse gegeben haben. Er malte dort im Hochsommer gelegentlich eine Landschaft, und die wenigen Aufträge - etwa die Gestaltung der Liederbücher des JWV ab 1959 - waren für ihn als Illustrator eher Routinearbeiten. Ganz anders stand es um die Gespräche mit den alten Weggefährten, deren Sorgen und Nöte, aber auch die vielfältigen kritischen Anregungen etwa zur Wiederbewaffnung, zur Atombedrohung und Umweltzerstörung. Weber liebte die nächtlichen Gespräche und noch im September 1974 empfing er eine Gruppe von zehn alten „JWVern“. Der einstige Jugendbund mit seinen Forderungen und Idealen erwies sich als Lebensgemeinschaft, der Weber unbeirrt die Treue hielt.

„Hoppla Kultur“

1954 erschien im Bertelsmann Verlag in Gütersloh ein kleines Büchlein mit Werken Webers, das den sarkastischen Titel „Hoppla Kultur. 50 Bilder zur Herrlichkeit unserer Zeit“ trug. Der Einband war schreiend lila und von wirren weißen Linien labyrinthartig durchzogen - die Arbeit eines verlagseigenen Gestalters, die vor Webers Augen wenig Gnade fand. „Für das Geschlinge auf dem Einband Vergebung für den Ausstatter - Er hat wohl an die Schlingen und Stolperdrähte gedacht - die mir die Kollegen und Kritiker so gerne zu legen sich bemühen.“(Anm. 079)
Obgleich das Bändchen trotz starker Verkleinerung der Bilder einen guten Eindruck machte, war Weber mit der Druckqualität nicht zufrieden. Für die 2.Auflage, die sehr schnell folgte, gedachte er Verbesserung zu schaffen und nahm dies selbst in die Hand. Er schrieb 1954 an Theo Schneider: „Vielleicht wissen Sie schon - daß der Verlag in diesem Monat die 2.Auflage - also das 10 - 20.000 - zu drucken beginnt - und nun habe ich die schlechten Wiedergaben durch bessere ersetzt - d. heißt ich fuhr mit den Originalen nach Marburg und ließ neue allerbeste Aufnahmen auf Platte 13 x 18 herstellen - fuhr damit nach Gütersloh und nun hoffe ich auf eine wesentlich bessere Gesamtwirkung. Ich erfuhr bei der Gelegenheit - daß im Juli schon die 3. Auflage disponiert wurde. Das wäre doch schön - was?“ Und am 21.9.1954: „‘Hoppla Kultur’ ist im 30. Tausend - aber die Güte des Druckes ist immer noch recht unterschiedlich.“
So erschienen also in nur einem Jahr 30.000 Exemplare, was nicht unerheblich zur Verbreitung von Webers Bildern beitrug. Fritz Fuglsang schrieb im Vorwort: „In den Bildern dieses Bändchens tritt uns der überaus vielseitige und fruchtbare Künstler als Zeitkritiker entgegen, der uns sehr erschreckende Wahrheiten sagt, als echter Satiriker, der der Zeit schonungslos die sorglich gepflegte Maske vom Gesicht reißt, so daß sie nun nackt in ihrer ganzen höllischen Furchtbarkeit vor uns steht. ... Der Satiriker ist nicht sonderlich beliebt - und wäre es noch weniger, wäre es nicht allgemein der Brauch, die Satire zwar auf die anderen, keineswegs aber auf sich selber zu beziehen. ... - aber niemals spricht ein Zyniker, überall ist vielmehr die große ehrliche Sorge zu spüren.“

Die Bildauswahl war in erster Linie von Arbeiten aus den 30er und 40er Jahren bestimmt - hinzu kamen Varianten älterer Bildmotive. Neu war das Blatt „Hohe Schule“(Anm. 080) (Abb. 296), das der Titelseite programmatisch gegenübergestellt wurde. Weber hatte das Motiv schon 1952 als Plakat für eine Ausstellung in Flensburg verwendet. Nun druckte er eine Variante als Originallithographie und verwendete die Blätter - um Kosten zu sparen - 1954 mit entsprechenden Aufdrucken als Plakate für Ausstellungen in Hameln, Frankfurt a.M. und Emden.

Eines der wenigen Werke aus aktueller Produktion war die Lithographie „Der Großinquisitor“ (Abb. 297), die 1953 entstand. Der Inquisitor sitzt wie auf einem Thron zwischen den Türmen einer barocken Kirche, hoch über den Hütten der Armen. Die Figur folgte einem Porträt des Ketzerverfolgers Fernando Nino de Guevara von El Greco. Ursprünglich war das Motiv als Illustration zu dem Artikel „Hinterm spanischen Vorhang“ in den „Nürnberger Nachrichten“ gedacht. Der Herausgeber Joseph Drexel hatte es in Auftrag gegeben - Weber lieferte jedoch zu spät, so daß es nicht veröffentlicht werden konnte. Er schrieb im Entwurf zu einem geplanten Verzeichnis seiner Lithographien: „Guter Stein ... in den ersten Fassungen (Handzeichnungen) Pfaffenfigur im Giebel erarbeitet - in der Lithographie den Kardinal Inquisitor zwischen den Türmen postiert. Porträt von El Greco genommen - die leeren Brillengläser - die neue Erscheinung - Herrschaft - Macht verkörpernd.“

Das Büchlein enthielt auch die erste lithographische Fassung der Zeichnung „Das Gerücht“ (Abb.298), die fortan große Nachfrage auslöste und sich zu einem der bekanntesten und beliebtesten Motive entwickelte.

Die wachsende Bekanntheit brachte neben der unermüdlichen und fast manischen künstlerischen Arbeit allerlei andere Verpflichtungen mit sich. So verbrachte Weber einen nicht geringen Teil seiner Zeit unterwegs: Lieferanten und Verlage mußten besucht werden, Fahrten zu Porträtsitzungen wurden absolviert, die immer zahlreicher werdenden Ausstellungen - im Jahrzehnt von 1950 bis 1960 waren es fast 100 - forderten die Anwesenheit des Künstlers.

Auch der Briefwechsel, der bislang größtenteils privat mit Freunden wie Theo Schneider, Alf Depser, Heinrich Bodenstein oder Hans Schmidt-Gorsblock gepflegt wurde, wuchs nun durch geschäftliche Bestellungen, Nachfragen und Angebote. An Alf Depser schrieb Weber am 18.8.1955: „Weißt Du - es ist arg wie die Briefschulden anwachsen und da es andere nicht tun - mußt Du Dich um allerlei Dinge kümmern, die neben der eigentlichen Arbeit liegen - aber - geht die Wirkung Deiner Arbeit in die Breite - so wächst natürlicher weise Briefwechsel und die Schickerei etc. immer mehr an.“ An Marianne König, die Ehefrau eines Spirituosenfabrikanten (Steinhäger), schrieb er etwas später, am 20.10.1956: „ ... es fehlt eben ein Secretarius - so ein ghostwriter - der täuschend echt APW-Briefe fabriziert ...“

Die Ausstellungen mußte Weber oft selbst organisieren und häufig auch selbst finanzieren. „ ... ich habe etwas verdient aber alles in die Ausstellung wieder hineingesteckt - hoffentlich bekomme ich wenigstens die Unkosten raus.“(Anm. 081) Er schrieb 1954: „Daß nun ein Hauptteil von diesen [Bildern] zumal im letzten Jahrzehnt kritisch in der Wortart wurde - das brachte mir wenig Ehre und ... erst recht kein Bankkonto. ... Es ist keine Klage, doch ich bin immer restlos vom Finanzamt am Boden zerstört.“(Anm. 082)

Sogar um Transport und Rahmung mußte er sich selbst bemühen. Da Speditionen zu teuer waren, bat er Freunde wie Johannes Siemers oder den Fuhrunternehmer Theo Schneider um Hilfe und verzettelte sich allzuoft in allerlei Mühseligkeiten. „Wenn ich nur wüßte-“ schrieb er an Theo Schneider „wo Sie jetzt stecken und ob Sie noch v. Süden nach Norden fahren - ich würde Sie bitten - meine 2 Bilderkisten und die Rahmenkiste und die Glas Kiste mit 27 Scheiben (ca. 70 x 90 im Format) zu nehmen? Ob das ginge? alles liegt im Klubhaus am Markt - Schlüssel zu dem Zimmer oben rechts - bekämen Sie im Verkehrsverein bei der Dame, das ist im gleichen Haus unten rechts ...“(Anm. 083)

Als neue Einnahmequelle ließ Weber Postkarten von seinen Bildern drucken. 1953 unterzeichnete er zwei Vertragsentwürfe mit dem „Bildarchiv Foto Marburg“. Darin wurden Reproduktionshonorare für die Veröffentlichung seiner Bilder in Büchern und Zeitschriften festgelegt und Vereinbarungen über die Herstellung von Postkarten getroffen. Die Verträge schickte Weber jedoch nie zurück. Stattdessen übernahm er mit seiner „Clan-Presse“ Herstellung und Vertrieb auf eigenes Risiko. „Hier sind die ersten Postkarten - noch nicht ganz einwandfrei - doch wird das noch besser und es folgen noch mehr, sodaß von jeder Art eine volle Reihe entstehen wird.“(Anm. 084) Am 26.6.1954 berichtete er Georg Schuster, daß er in Hannover eine „1a Druckerei“ für die Herstellung gefunden habe und schwärmte: „Das wäre etwas für mich - erst einmal schöne Postkarten - Ich sehe ungeahnte Möglichkeiten.“ Immer mehr Motive waren nun auf Postkarten erhältlich. „ ... ich zeige sie doch nur auf den Ausstellungen und da ist anwachsend der Verkauf recht verheißungsvoll - ich habe jetzt über 30 Themen und habe zuletzt 27.000 Stück bestellt und bereits bei mir lagern.“(Anm. 085)

Der Bekanntheitsgrad Webers wuchs stetig. Am 14.8.1955 meldete er stolz an Theo Schneider: „In der kommenden oder übernächsten Woche werden Sie doch wohl ebenso ins Kino gehen wie sonst. Die neue deutsche Wochenschau oder Welt im Bild wie sie heißt war in der Ausstellung [Galerie Commeter, Hamburg] ... und vorgestern waren sie hier und haben gründlich APW privat und bei der Arbeit vorgenommen.“

Der Neubeginn des „Simplicissimus“

Schon am 21.11.1951 hatte Weber an Alf Depser geschrieben: „ ... kurz vorher habe ich ... den Seyboth den neuen Redakteur vom Simplicissimus - der doch wieder erscheinen soll ... in Stuttgart kennengelernt - ich hoffe - da endlich einen Platz zu finden - wo ich regelmäßig einmal was anmelden kann.“
Die berühmte Zeitschrift, die 1944 ihr Erscheinen einstellen mußte und in der Weber bereits seit 1942 Zeichnungen veröffentlicht hatte, erwachte wieder zu neuem Leben. Man wollte erneut versuchen, an die Glanzzeit der Anfänge in der Kaiserzeit anzuknüpfen. Doch dauerte es noch einige Jahre, bis die Münchner Redaktion per Eilboten am 12.6.1954 Weber mitteilte: „ ... es wird allmählich ernst ... und wir stecken hier bis über die Ohren in Arbeit.“ Man forderte für einen Probeumschlag, den man potentiellen Inserenten vorlegen wollte, eine querformatige Zeichnung Webers, die - wie in früheren Zeiten auch - auf Seite 1 abgedruckt werden sollte und nannte ihm elf mögliche Motive aus dem Bändchen „Hoppla Kultur“. Diese Auswahl sollte bis zum 17. Juni vorliegen. Man schloß den Brief mit der Floskel „ ... in der Hoffnung auf eine recht furchtbare Zusammenarbeit.“ Den Schreibfehler unterstrich Weber amüsiert.

Der realsatirische Schreibfehler schien ein gutes Omen gewesen zu sein. In den Jahren 1954 - 1965, vor allem in der 2. Hälfte der 50er Jahre, kam eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit zustande. Weber veröffentlichte nicht weniger als 246 Werke - in den Jahrgängen 1956-58 war er nahezu in jeder der wöchentlichen Ausgaben vertreten. Am 19.11.1954 berichtete er Georg Schuster, daß „Autoren und Künstler“ die Arbeit „ernst und schwer“ nähmen. „Jetzt wäre wichtig, daß das verständige Publikum funktioniert und der Redaktion nichts durchgehen läßt - gut Kritik übt ... Von mir bringt die Zeitung vorerst teils schon bekannte Bilder - durch die große Entfernung ist eine unmittelbare rasche Mitarbeit erschwert. Doch sind die etwas mehr zeitlosen Themen die immer aktuellen ... recht angebracht, ... wenn mein Tierbilderbuch und meine Münchhausenillustrationen fertig sind - komme ich auch dazu - eigens für den Simpl zu arbeiten ... Für mich ist es wieder eine gute Plattform und meine Arbeit geht nun mehr in die Breite.“

Offenbar fand er doch noch etwas Zeit, denn die Eröffnungsnummer am 9.10.1954 enthielt gleich auf der ersten Seite eine besondere Hommage an das Blatt: Er schuf eigens eine Zeichnung, die den Simplicius Simplicissimus aus dem Schelmenroman von Grimmelshausen in dem dort geschilderten Fellkostüm zeigte (Abb. 299). Brunnen und Narrenpritsche waren Versatzstücke aus den Narrendarstellungen Webers kurz nach dem Krieg. Simplicissimus steht noch in den Trümmern des 2.Weltkrieges und blickt sinnend auf den emsigen Wiederaufbau. Im Leitartikel der Redaktion war unter der Zeichnung zu lesen: „Simplicissimus hockt auf dem versiegten Brunnen und blickt sinnend auf die Wüstenei! Er sieht ein Werden überall, das ihm grausam dünkt; neue Burgen aus Glas, Eisen und erstarrtem Schlamm, auf dem keine Blume wächst, er sieht neue Söldner, neue Fahnen und Emporgekommene, die wieder mit Macht und Geld nicht umzugehen wissen ... Nun tretet an, die ihr was zu sagen habt, ihr Zeichner, Schreiber, Maler und Poeten ... : ich habe euch ein Forum hingestellt, auf dem ihr reden könnt.“

Im November fuhr Weber nach München, um sich dort „mit 2 maßgeblichen Herren vom Simpl“ zu treffen. Am 26.11.1953 schrieb er darüber an Georg Schuster: „Meine Position kann sich noch wesentlich verbessern es kommt nur darauf an - gute Arbeit zu liefern.“
Mit der Qualität der Hefte war der im graphisch-handwerklichen Bereich auf Perfektion bedachte Weber noch nicht zufrieden: Das Dilettantische sei noch stark, das Erotische oberflächlich und ohne Kunst, die Reklame zu viel, die Bildbeiträge zu schwach, die Anordnung sowie der Umbruch schlecht, der Druck mangelhaft. Über Georg Schuster lancierte Weber schlitzohrig eine „Leserkritik“ über den Umbruch der ersten Seite. „Ich halte es für richtig“ -schrieb er ihm - „wenn so etwas vom Leser kommt und nicht vom Künstler.“

Er zeichnete weitere Motive mit der Simplicissimus-Figur - manchmal in Begleitung der berühmten Simpl-Dogge - zu Jubiläen der Zeitschrift. Ansonsten nahmen seine Bildbeiträge keinen Bezug auf die Artikel oder Themen der jeweiligen Seite. Die Redaktion nahm es mit den technischen Angaben zu den Bildern nie genau - die Angaben „Zeichnung“ oder „Lithographie“ waren selten richtig und auch die Titel der Bilder änderte man nach Gutdünken oder erfand gänzlich neue. Erstaunlicherweise hat Weber sich dagegen nie gewehrt. Im ersten Jahrgang wurden fast ausschließlich alte Bildmotive des Künstlers abgedruckt. Manche stellte er in neuen Fassungen - nun meist lithographiert - vor, wie etwa den „Triumphzug der unsterblichen Dummheit“ (Abb. 300), ein Motiv, das bereits 1946 entstanden war.

Auch die Lithographie „Der Ausbrecher“ (Abb. 301) griff ein Motiv der 40er Jahre auf: Ein Mann versucht, dem aufgezwungenen Konformismus der Masse zu entkommen. Das Blatt zeigte die Reife des nunmehr 63jährigen Künstlers. Derartige Werke machen die immer neuen Versuche deutlich, ältere Bildideen zu vervollkommnen.

1955 kamen einige neue Blätter hinzu, darunter fünf Motive für das geplantes Tierbilderbuch, dessen Fertigstellung Weber bereits im Jahr zuvor Freunden angekündigt hatte. 1956 waren unter den 40 veröffentlichten Bildern mehrere aus neuer Produktion, bei denen er jedoch kaum tagespolitische Themen kommentierte, sondern im Allgemein-Menschlichen blieb, wie z.B. bei den Blättern „Der neue Kopf“, „Der Staatsfeind“ (Abb. 302), oder „Die Maskenfuhre“ - ein Selbstporträt. Der Künstler sitzt auf der Deichsel eines mit Masken beladenen Wagens. Masken, die der Satiriker der Gesellschaft vom Gesicht gerissen haben könnte.(Anm. 086)

Die Veröffentlichungen im „Simplicissimus“ brachten Weber weitere Publizität - sogar Galeristen aus den USA fragten um Ausstellungen bei ihm nach. Dennoch änderte sich kaum etwas an der finanziellen Misere. 1955 nahm er wieder ein Angebot des Westermann-Verlages an, für dessen „Pädagogische Beiträge“(Anm. 087) - wie schon 1949 - einen Originalholzschnitt als Beilage zu drucken. Diesmal schuf der Künstler ein Porträt von Friedrich Schiller mit einem ganzseitigen Text. Erneut betrug die immens hohe Auflage 7.500 Exemplare, die einzeln als Handabzüge auf der heimischen Presse hergestellt wurden. Weber schrieb an Theo Schneider: „Wir haben schon Arme wie die Affen!“

Weiterer „Kleinkram“ belastete: Die Buchhandlung Asmus Boysen in Hamburg bat nach einem Umzug um die Gestaltung ihrer Inneneinrichtung, Willrich verlangte nach der Bemalung von weiteren Schranktürfüllungen für die Löwenapotheke Göttingen, in Nordschleswig wartete die Mutter von Hans Schmidt-Gorsblock seit fünf Jahren vergeblich auf ihr Porträt. Daß er solche Aufgaben vor sich herschob oder nur ungern erledigte, zeigte sich in manchem Brief, wie z.B. am 26.12.1955, wo er an Georg Schuster zum Jahresende schrieb: „ ... ich hoffe - wo ich den Mangel an Entschlußkraft spüre und wie lähmend die überbetonte Gründlichkeit sich auswirkt - daß ich neue Wege aufspüren werde um ein besseres Arbeiten und rechtes Leben zu führen.“

Streit um „Münchhausen“

Im Sommer 1954 trat der Schriftleiter Heinßen des Köhler-Verlages in Minden an Weber heran. Bei einem Treffen im September in Groß-Schretstaken plante man die Illustration eines Eulenspiegel-Buches. Gleichzeitig wurden auch Illustrationen für eine Ausgabe des „Münchhausen“ vereinbart. Weber erhielt einen Honorarvorschuß von 500 DM. Darüber hinaus erweiterte man den Auftrag im Dezember noch um einen Band „Reineke Fuchs“. Der Künstler hoffte sogar auf die Illustration von Villon, Lazarillo und Grimmelshausen. Mit den Büchern vom Münchhausen und Reineke Fuchs wollte man schon Ostern auf dem Markt sein.
Das Angebot war für Weber verlockend. Ihm lagen die Stoffe sehr am Herzen - für Eulenspiegel und Reineke Fuchs hatte er schon 1921 und 1924 Illustrationen geschaffen, den Grimmelshausen-Stoff sowie Villon und Lazarillo begonnen. Der Köhler-Verlag plante eine ganze Reihe schwankhafter Literatur in gleicher Ausstattung, die mit Bruno H. Bürgels „Vom täglichen Ärger“ gestartet und von keinem Geringeren als Olaf Gulbransson illustriert worden war. Überdies mochte Weber die Münchhausen-Geschichte besonders, da auch ihr Held es verstand, schwierige Situationen zu meistern und sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Ende 1954 schrieb Weber an Georg Schuster: „Ich sitze tief und fest in der Klemme - mal Dir das aus ... der Lügenbaron hält mich noch fest mit 8 Vollbildern - aus bald 200 Entstehungen suche ich sie mir aus - das kommt davon - wenn man es immer besser machen will.“ Bereits im Januar schickte Weber die Bildauswahl an den Verlag. Letztlich schmückten zehn Federzeichnungen (Abb. 303) und ein koloriertes Titelbild (Abb. 304) das Buch. Bemerkenswert ist der Eifer, mit dem Weber der Aufgabe wieder einmal zu Leibe rückte: Mehr als 250 Zeichnungen waren entstanden, aus denen er zuletzt zehn auswählte.
Die „Frankfurter Abendpost“ schrieb am 10.12.1955: „ ... schießt Weber mit explosiver Karikatur über den textlich vorgegebenen Zeit- und Lokalrahmen hinaus, prägt einen Münchhausen von bissiger Aktualität und er erreicht, was die gleiche literarische Vorlage ohne graphische Ausdeutung nie erreichen könnte: daß der Leser die verbohrten Verrücktheiten schmunzelnd auf Figuren selbsterlebter Gegenwart überträgt.“

Bezüglich der weiteren Projekte ließ Weber nichts mehr von sich hören. Zuviel anderes drängte sich wieder dazwischen, so daß der Verlag, der die beiden Bücher in einem Prospekt angekündigt hatte, und den Text für den „Eulenspiegel“ bereits setzen ließ, im Februar 1956 mahnte und gleichzeitig an den geleisteten Vorschuß erinnerte. Am 14.2.1956 schrieb Heinßen: „Ich habe nicht die Absicht, Sie flehentlich zu bitten, nun doch endlich die Zeichnungen ... schnellstens zu beenden, ich möchte nur jetzt endgültig wissen, ob Sie die Zeichnungen machen oder nicht.“ Weber wiegelte ab: „Nicht daß das Fleisch schwach wäre und darum lässig und nicht Wort hielte - Tausend Dinge kommen immer dazwischen ...“(Anm. 088) Doch vermißte Weber auch das zugesagte Mitspracherecht an der Gesamtausstattung und war verstimmt, daß der Verlag sein Angebot, ein Signet für diesen zu entwerfen, ignorierte. „Es ist auch traurig - ich habe Ihnen angeboten - die Verlagsmarke endlich zu einem wirklichen Symbol zu gestalten. Sie haben das aber als unwichtig abgetan und ich habe wenig Lust Ihnen über die außerordentliche Wichtigkeit eines solchen Zeichens - welches ja alles umschließt und alles verrät - einen Vortrag zu halten - wie käme ich auch dazu - Ich habe eine Zusammenarbeit mit Verlegern aus diesem Grunde - weil sie ein schlechtes Zeichen besaßen - abgelehnt und ich tat immer recht daran.“ Anschließend monierte er zahlreiche vermeintliche Mängel an der Münchhausen-Ausgabe, drängte auf Zusage ihrer Beseitigung bei einer neuen Auflage und forderte einen entsprechenden Vertrag für die geplanten Buchprojekte.
Der Briefton wurde auf beiden Seiten harscher. Der Verlag verlangte den Vorschuß zurück, Weber seinerseits forderte die Rücksendung der Originalzeichnungen zum „Münchhausen“ und bezeichnete die Art und Weise des Verlages als „kränkend“ und „hemmend“ für seine Arbeit. Am 26.4.1956 beklagte sich der Verlag per Einschreiben, daß Weber überhaupt nicht mehr am „Reineke“ arbeite, obwohl er wisse, daß auch dieser Text schon im Satz sei: „Ein merkwürdiges, sehr merkwürdiges Verhalten, das ich nicht mit dem Namen bezeichnen will, was ihm zusteht. Es veranlaßt mich aber, auf eine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen zu verzichten und das umsomehr, als Sie Nörgeleien von sich geben, die anscheinend ihren Nährboden auf einer kaum angebrachten Selbstüberschätzung finden.“
Es kam zum Prozeß. Der Verlag verklagte den Künstler schließlich auf Rückzahlung des Honorarvorschusses, später noch auf die vergeblich aufgewendeten Satzkosten von mehr als 4.000 DM. Es wurde darauf hingewiesen, daß Weber für das Eulenspiegel-Buch bereits sämtliche 25 - 30 Themen skizziert und drei davon lithographiert hatte. Ebenso hatte er ein farbiges Titelblatt als Federzeichnung geliefert und über 20 Motive zunächst als holzschnittartige Federzeichnungen ausgeführt - ein Konzept, das er zugunsten kleinformatiger Lithographien(Anm. 089) wieder aufgegeben hatte.
Unter den mehr als 200 Seiten Prozeßakten befindet sich auch ein handschriftliches Exposé, in dem er den Vorwurf des „arglistigen Hinhaltens“ zu entkräften suchte: „Selbst ein Geschäftsmann wäre in meiner Lage nicht imstande - Post und Arbeit besser zu erledigen als ich es tun kann - wenn man sagt und will das Verhalten damit entschuldigen er ist ein Künstler und kein Kaufmann, so klingt das - als sei ein Künstler ein ausgemachter Trottel - weltfremd und in solchen Dingen nicht ernst zu nehmen - ihm muß man gewissermaßen ‘Narrenfreiheit’ zugestehen. Trotzdem aber - wie auch klar der Richter zum Ausdruck gebracht hat genüge die Art der Briefbeantwortung um moralisch mir einen Strick daraus zu drehen und daran aufzuhängen.! ... der Künstler hat jeden Strich immer selbst zu machen und wenn er selbstkritisch eine beste Leistung anstrebt - geschieht das meist nie auf Anhieb - sondern erfordert ein sich häufig immer wiederholendes Neuanfassen ein und derselben Aufgabe und ich muß dann auch immer darüber bleiben. ... Durchweg läuft die Arbeitszeit bei mir von frühmorgens 8 Uhr (mitunter auch 7 oder 6 Uhr) bis nachts 12 - 2 Uhr mit 1 - 11/2 Stunden Mittagspause. ... Ich bekomme durchschnittlich 5 Post Sachen - durch die Publikationen - Wochenschau - Simplicissimus - Hoppla Kultur ... und die häufigen Ausstellungen und Pressebesprechungen ist die Post so angewachsen, z. großen Teil von Interessenten, Kunstliebhabern - die in mitunter seitenlangen Briefen Stellung nehmen und auch Antwort erwarten ...“ Weber forderte nun seinerseits Schadensersatz für die bereits geleisteten Arbeiten und schloß: „Eulenspiegel wie Geheimrat Goethe stehen auf meiner Seite - das ist für mich eine feste Gewißheit.“
Die beiden dürften Webers Stoßgebet nicht gehört haben, denn am 7.6.1957 erfolgte das Urteil des Landgerichts Lübeck: Weber sollte 1.500 DM zahlen, der Verlag die drei Eulenspiegel-Lithographien sowie das Titelbild zum „Reineke Fuchs“ zurückgeben. Weber ging in die Berufung. Die Schriftsätze der Anwälte wurden länger, Gutachter bestellt, das Problem komplizierter, die Kosten immer höher. Ein Jahr später erfolgte ein Vergleich, der Weber einen Nachlaß von 500 DM brachte. Die Zeichnungen zum „Münchhausen“ waren immer noch nicht zurückgegeben worden. Erst acht Jahre später - trotz zwischenzeitlicher richterlicher Verfügung - trafen sie bei Weber ein und setzten damit den Schlußpunkt unter einen mehrjährigen, zermürbenden Kleinkrieg. Der Prozeß regte Weber auch zu einer Reihe von justiz-kritischen Darstellungen(Anm. 090) an, die er vor allem 1958 veröffentlichte. So erschien das Blatt „Die Waage“ im Lichtwark-Kalender, „Das Paragraphenopfer“ unter dem Titel „Die Rache der Paragraphen“ im „Simplicissimus“. Noch drastischer zeigten sich seine Ansichten in einer wenig später entstandenen Federzeichnung „Paragraphenreiter“ (Abb. 305).
Von seinem Freund, dem Juristen Heinrich Bodenstein mußte Weber sich allerdings sagen lassen: „Also Herr Künstler, es ist zwar keine Kunst, auf geschäftliche Gepflogenheiten zu pfeifen, ratsamer ist es aber, im geschäftlichen Duett dem anderen rechtzeitig den Marsch zu blasen, anstatt mit philosophisch-geladenen Kunstpausen zu glänzen.“(Anm. 091)

Die Ursache des verbissenen Kampfes mit dem Köhler-Verlag war auf Webers Seite wohl in verletztem Stolz zu suchen. Die Auseinandersetzung begann zu einem Zeitpunkt, an dem sein Rang als Künstler bis dahin nie gekannte Aufwertungen erfuhr: Am 12.1.1955 verlieh man ihm - zusammen mit zwei anderen Künstlern - den „Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein für 1954“, verbunden mit einem anteiligen Preisgeld von 2000 DM - einem ansehnlichen Betrag, denn Weber verkaufte zu dieser Zeit seine Lithographien für 30 DM. Bei der Übergabe bezeichnete der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel Webers Schaffen als „wahren Sittenspiegel der heutigen Zeit.“ Es sei von „gestaltungsreicher Vielseitigkeit und unmittelbarer Verständlichkeit.“
Auch eine Ausstellung 1955 in Hamburgs Galerie Commeter fand ein gewaltiges Presseecho und die meisten Zeitungen übernahmen die Überschrift „Moderner deutscher Daumier“ - am 23.12.1956 konnte man sogar im Bayerischen Rundfunk hören: „Daumier ist übertroffen ...“

1955 veröffentlichte das prokommunistische Wochenblatt „Die Andere Zeitung“, die in Hamburg erschien, jedoch von der DDR aus finanziert wurde, das Bild „Der Trommler“ (vgl. Abb. 284), das „mit freundlicher Genehmigung des Künstlers“ dem Buch „Hoppla Kultur“ entnommen worden war, als Bildbeigabe zu einem Artikel von Kurt Hiller: „Notizen zur Kriegsdienstverweigerung“(Anm. 092). In den folgenden drei Jahren zeigte man insgesamt 212 Lithographien und Zeichnungen von Weber im Feuilleton. Die Bilder entstanden jedoch nicht eigens für „Die Andere Zeitung“, sondern wurden aus anderen Publikationen übernommen.

Die Monographie von Georg Ramseger

1956 erschien im Stalling-Verlag (Oldenburg) ein Buch über Weber, das sich durch sein großes Format von den bisher eher kleinen Weber-Bändchen gewichtig abhob und somit auch den gestiegenen Anspruch des Künstlers dokumentierte. Über 100 Graphiken wurden in einer Größe und Qualität abgedruckt, welche die Körnigkeit der Kreidelithographien sowie den feinen Tuschestrich der Federzeichnungen erstmals richtig zur Geltung kommen ließen. Georg Ramseger schrieb in seiner Einführung: „Hier ist eine Wirklichkeit, die jeder als die unsere wiedererkennt ... Die Enthüllung durch die Kunst genügt, um das Leben selbst Anklage werden zu lassen gegen seine Entartung.“ Und über Webers mahnende, ja fast visionäre Bilder schrieb er weiter: „Diese Gesichte setzen sich zusammen aus ... ‘alltäglichen’ Beständen: Häuser, Menschen, Trommel, Mikrofon, Zylinder, Wasser, Gewürm, Totenkopf, Skelett - ihre Zusammensetzung aber ergibt eine surreale Verwandlung der Wirklichkeit, deren unheimliche Bannkraft gerade in der ‘Natürlichkeit’ der Teile liegt. Auch das ist gesehen und erfahren, erfahren aber auf der höchsten Stufe der Erkenntnis, auf der erst Neuschöpfung möglich ist.“
Er verglich die Werke mit denen von Bosch, Bruegel, Hogarth und Goya, sprach Weber aber gleichzeitig als „Journalisten unter den Künstlern“ an. Ramseger sah die Quelle von Webers Werk im „Gefühl für das Unabänderliche der Finsternis“ und fuhr fort: „Und es schleicht sich dabei gelegentlich sogar so etwas wie Freundschaft ein, eine Art ‘Verstehen’, eine Art ingrimmiges ‘Ich-kenne-dich-schon’, eine Kumpanei mit dem Bösen, eine Bruderschaft mit der Finsternis, wie wir sie auch bei Kubin kennen. ... Weber wurde in eine Zeit hineingeboren, die eine Schicksalsfülle konzentriert, wie sie nur wenige Epochen gehabt haben. Eine Angriffsfülle apokalyptischer Ereignisse findet statt, wie kaum je zuvor. Diese Angriffe vollziehen sich überfallartig, und nur der schnell auf den Stein schreibende Stift kann ihnen folgen. ... Diese Fähigkeit mit den Augen zu notieren und im Augenblick einer neuen Schöpfung das weiland ‘Notierte’ heranzuholen und zu verwenden, ist die verblüffende Eigenart dieses Werkes ...“
Neben zahlreichen „klassischen“ Blättern kamen auch einige neue Motive zur Veröffentlichung, wie etwa der „Tanz ums goldene Kalb“, welcher das beginnende deutsche Wirtschaftswunder, das sich bei Weber nicht einstellen wollte, kritisch betrachtete. Es war Ernst Niekisch, der - nach langen Jahren des Schweigens - den Kontakt wieder aufgenommen hatte und ihm die Anregung dazu gegeben hatte. Das Motiv sollte nämlich einer Festschrift für den gemeinsamen Freund Joseph Drexel dienen. „Mir schwebt nun folgendes vor ...: ein goldenes Kalb. Der Sockel auf dem es steht, ist zusammengesetzt aus Autos, Motorrädern, Rundfunkgeräten, einigen Büsten (von Goethe, Beethoven) und sonstigen Symbolen für Kunst und Wissenschaft ... Um dieses goldene Kalb nun wird ein Tanz aufgeführt, der auch darauf schließen läßt, daß bei dem Tanz die Symbole zertrampelt werden.“(Anm. 093)
Das Buch von Ramseger schloß mit dem Bild „Sancta Simplicitas“ - die Heilige Einfalt (Abb. 306).

Die Monatszeitschrift für gewerkschaftliche Jugendarbeit „Solidarität“ widmete dem Buch eine ganze Seite wohlwollender Rezension: „Die Bilder erfassen das allgemein Gültige und stellen, befreit von schmückendem Beiwerk, immer nur die Grundsituation dar, die sich leicht in die Aktualität übertragen läßt. Sie sind deshalb immer aktuell und verlieren auch durch den Wandel der Zeit ihre Aussagekraft nicht. ... A. Paul Weber ist der Gewerkschaftsjugend seit langer Zeit kein Fremder mehr. Nach der ersten Schau seiner Werke anläßlich der Kulturtage der Gewerkschaftsjugend in Essen im Jahre 1954 folgte die große Ausstellung auf dem 2. Bundesjugendtreffen der Gewerkschaftsjugend in Hannover 1956, an dem rund 30.000 Jungen und Mädel teilgenommen haben. Sie alle sind ... mit Werken von A. Paul Weber bekannt geworden.“ (Anm. 094)

Mit zunehmender Breitenwirkung - so wurde beispielsweise im Frühjahr 1956 ein Film für das Deutsche Fernsehen über die Lithographien Webers gedreht,(Anm. 095) kurz darauf ein weiterer von Claus Peter Lemmer - gab es neben Begeisterung und Zustimmung auch negative Stimmen. Die „Westfälische Zeitung“ verriß am 21.11.1955 eine Ausstellung im Bielefelder DGB-Haus: „In wohl jedem Blatt des Malers spricht sich die Verachtung von Mensch und Volk aus. .... Meinungen, Einsichten, Ideen wurden zu Bildern, zu Bildern eines erklügelten, errechneten Leidens sozial Benachteiligter. Uns überzeugt die ganze bildgewordene Theorie A. Paul Webers nicht.“

Beliebtheit bei der studentischen Jugend

Mehr denn je schieden sich an Webers Arbeiten die Geister. Die ältere Generation war in den 50er Jahren stolz auf das beginnende Wirtschaftswunder, froh, die Kriegswirren überstanden zu haben, jedoch unwillig, sich an die Nazi-Zeit erinnern zu lassen - von einer Aufarbeitung moralischer Schuld ganz zu schweigen. Die unbequemen und ärgerlichen Mahnungen in Webers Bildern paßten nicht zum „Wir-sind-wieder-wer“-Gefühl der Zeit und stießen oft auf Ablehnung. Anhänger moderner Kunstströmungen fanden Webers Zeichnungen anachronistisch. Indes fanden seine Arbeiten ein neues Publikum unter der Jugend, die mit der Remilitarisierung der Bundesrepublik Deutschland nicht einverstanden war und die Entwicklung der Dinge aus einer kritischeren Position heraus betrachtete.

Weber schrieb am 20.10.1957 an Werner Kindt: „Ich werde auch heute noch nicht von den dafür Berufenen getragen - ich meine die Museumsdirektoren etc. mit einigen Ausnahmen - sondern von einem immer stärker werdenden Kreis von Liebhabern - ganz privaten Menschen - und was Sie besonders freuen wird: Ich könnte bald jeden Monat 1-2 Klassen bei mir sehen - jetzt liegen noch 4 Anmeldungen vor und es gehören die Besuche zu meinen schönsten Erlebnissen.“
So war Weber Projekten mit Schülern und Studenten stets aufgeschlossen: 1958 nahm er aktiv an einer Ausstellung teil, die Schüler der Max-Planck-Schule in Kiel veranstalteten - die Zeitschrift HÖR ZU berichtete mit vier Abbildungen darüber.(Anm. 096)

Obgleich er mit der Beantwortung seiner immer stärker anwachsenden Postberge kaum fertig wurde und selbst wichtige Briefe bisweilen unbeantwortet ließ, zeigte er sich stets liebenswürdig und hilfsbereit, wenn es um die Wünsche Jugendlicher ging. Die verzweifelte Anfrage eines Vaters, dessen Zwillinge 1964 einen Schulaufsatz über das Blatt „Die Diskussion“ (vgl. Abb. 276) abliefern mußten, beantwortete Weber postwendend mit einem, dem geforderten Umfang des Aufsatzes entsprechenden handschriftlichen Brief auf gefaltetem Litho-Papier der Größe 60 x 55 cm - doppelseitig beschrieben. Er begann: „A. Paul Weber ist uns durch seine wohl allgemeinbekannte Graphik ‘das Gerücht’ ein Begriff - Wir wollen uns heute mit einer anderen Arbeit von ihm befassen - mit der Lithographie ‘die Diskussion’. Es ist typisch für diesen Künstler - er wählt meist Themen - die uns alle angehen - die uns alle bewegen - die Fragen stellen - Situationen zeigen - Probleme und Nöte anschneiden - die uns allen ‘auf den Nägeln brennen’.“ Weber beendete den abschreibefertigen Aufsatz: „Im Bundestag - beim Streit um die Annahme der ‘Pariser Verträge’ rief der Abgeordnete v. Merkatz aus ...’Wie wir hier miteinander reden und streiten, das erinnert mich immer wieder an die Zeichnung von A. Paul Weber: die Diskussion!’“ Weber wollte hinterher wissen, wie der Lehrer den Aufsatz wohl zensiert habe - die Zwillinge erhielten eine Zwei und eine Drei.

Auch beim Verkauf von Original-Graphik verlangte er jungen Leuten meist nur wenig ab. Am 7.3.1960 schrieb er an Marianne Waechter: „Ich habe es mitunter so gehalten ... daß ich Schülern, Studenten mit kleinem Geldbeutel ohne Bedenken entgegen gekommen bin und ging bis auf 20 bzw. 30 [Mark] wieder herunter ...“

Im Winter 1956 begann seine Zusammenarbeit mit dem Hamburger „Studentenkurier“ (Unabhängiges Nachrichtenmagazin für deutsche Studierende), dessen federführender Redakteur der später als Schriftsteller berühmt gewordene Peter Rühmkorf(Anm. 097) war. Dieser schrieb 1980 rückblickend in einem unveröffentlichten Manuskript: „Als ich A. Paul Weber kennenlernte - durch ein schmales Büchlein zunächst, aber dann auch bald in eigener Person - hießen die Zeitumstände nicht gerade ‘Krieg’ und ‘Militarismus’, aber doch ‘Kalter Krieg’ und ‘Remilitarisierung’, und was uns junge Leute in die Nähe A. Paul Webers führte/zog, waren gemeinsame Antipathien gegen die Neuformierung einer scheinbar frei sich entwickelnden Wohlstandsgesellschaft und gemeinsame Vorlieben für den Partisanen, den Widerständler, für den Sondergänger. Allen alten Anfeindungen und allen neuen Nachstellungen zum Trotz hatte Weber bei seinen besten Widerstands-Traditionen wieder angeknüpft und mit Blättern wie „Morgenluft“ (Abb. 307) oder „The Germans to the Front“ oder auch „Die Produktion läuft an“ in den Rücklauf der politischen Dinge eingegriffen, Stellungnahmen wie sie in dieser Radikalität damals einzig waren und wie sie unseren Vorstellungen von politisch engagierter Kunst aufs innigste entsprachen. In unserem zunächst ziemlich einsam geführten Kampf gegen die westdeutsche Atomaufrüstung und für ein sozialistisch gedachtes Gesamtdeutschland wurde Weber auch bald ein treuer und tätiger Verbündeter. Ohne Furcht, durch die Berührung mit uns extremistischen Schreckensmännern(Anm. 098) in ein schiefes Licht zu geraten, lieferte er uns immer wieder Titelgraphiken oder Binnenillustrationen für unseren übelbeleumdeten „Studentenkurier“ (das spätere „konkret“), wobei wir den Mitproduzenten oft genug nur mit ein paar Belegexemplaren honorieren konnten. ... Bei alledem schien der Kontakt mit uns vorwärtspreschenden Außenseitern auch ihn ganz hübsch zu beflügeln, und schon damals wußten wir von jenen ominösen Weber-Seancen zu singen, wo die nächtlichen Arbeitsbesuche sich bis in die frühen Morgenstunden ausdehnten, ein Wort das andere gab, ein vorgeführtes Blatt das nächste nach sich zog, und die jugendlichen Besucher schon ein wenig in sich zusammenfielen, wenn er erst richtig ingang kam. Zu Fünfen, Sechsen und Siebenen (wir waren meist in Massen und oft genug unangemeldet bei ihm eingefallen) saß man dann an dem anheimelnd sprutzelnden Kamin (Abb. 308) vor den neugeschaffenen Unheimlichkeiten, und wenn ich zu Anfang sagte, daß A.P.W. mit Lust und Energie nach vorn lebt und die Vergangenheit gern eine gute alte Tante sein läßt, dann bekundet sich solche Einstellung in nichts so sehr, als daß ihm die jüngsten Kinder immmer grad die liebsten waren ... Niemals freilich gingen wir unbeschenkt von dannen, sei es, mit den für uns lebensnotwendigen Frontblättern versorgt, sei es in jenem Durchstehmut gekräftigt, den praktisch nur die tätige Solidarität zu bestärken vermag.“

Nicht nur der inhaltliche, auch der künstlerische Stellenwert, den man Weber von dieser Seite aus zubilligte, war hoch. „Konkret“ druckte 1957 sein Schachspieler-Blatt „Tod und Teufel“ auf einer Seite zusammen mit Werken von Alfred Kubin, Max Beckmann und Frans Masereel ab.

Webers berühmtes Blatt „Die Glanznummer“ (vgl. Abb. 190) war trotz seines Alters von 23 Jahren noch immer aktuell und wurde von der „Deutschen Studentenzeitung München“ am 10.1.1957 veröffentlicht.
Die „neue hamburger studentenzeitung“ widmete dem Künstler im Januar 1961 eine Doppelseite.(Anm. 099) Er wurde mit dem Satz zitiert: „Manche Künstler tauchen ihren Pinsel in Wasser, andere in Limonade, und wieder andere tauchen ihn in ätzende Säure.“ Die Mainzer Studentenzeitung „nobis“ druckte 1958 21 Bilder ab, in weiteren Jahrgängen erschienen regelmäßig Beiträge. Die Freiburger Studentenzeitung zeigte im Dezember 1962 eine Lithographie auf der Titelseite. Die Zeitschrift „test. Zeugnisse studentischer Sozialarbeit“ brachte von 1965-74 regelmäßig Bildbeiträge Webers.

Die studierende Jugend mochte seinen respektlosen Umgang mit der jungen Demokratie, etwa die Lithographie „Diplomatenschule“ (Abb. 309): Unter der Anleitung von Erica Pappritz, der Vize-Protokollchefin des Auswärtigen Amtes und obersten Sachverständigen in Benimmfragen, lernen sechs eselsohrige Jung-Diplomaten, auch bei der menschlichsten aller Verrichtungen Haltung zu bewahren. Frau Pappritz trägt das ihr verliehene Bundesverdienstkreuz an entsprechend sinniger Stelle. Das Blatt war 1957 in einer Ausstellung des berühmten Wilhelm-Busch-Museums in Hannover zu sehen, die wegen des großen Erfolges einen Monat verlängert wurde.

1957, ein Jahr nach dem Tode von Bertolt Brecht, gab die „Sektion Bildende Kunst im Deutschen Kulturtag“ eine Mappe mit sechs Graphiken zur „Dreigroschenoper“ heraus. Weber lithographierte hierfür ein Motiv mit Mackie Messer beim Spargel-essen in der Todeszelle. Weiterhin waren Eylert Spars, Gustav Seitz, Max Schwimmer, Fritz Husmann und Joseph Hegenbarth mit je einem Blatt vertreten. Der Verkauf der Mappe unterstützte die Jahrestagung des „Deutschen Kulturtages“, der seine Aufgabe darin sah, „in der politischen Zerrissenheit Deutschlands die Einheit der deutschen Kultur zu wahren und die Verbindung zwischen den Kulturschaffenden in beiden Teilen Deutschlands nicht abreißen zu lassen.“(Anm. 100)

Im folgenden Herbst nahm Weber mit acht Lithographien an der Jahresausstellung der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin teil. Am 2.11.1958 wurde er als Ehrengast in die Deutsche Staatsoper in Ost-Berlin eingeladen, wo in einem Festakt die „Übergabe der geretteten Kunstschätze“ durch die Sowjetunion gefeiert wurde.(Anm. 101)

Bilder gegen Umweltzerstörung

1957 schuf Weber die Lithographie „Der sterbende Hecht“ (Abb. 310), die ohne groteske Übersteigerung auskam und gerade dadurch besonders eindringlich wirkte. Ein Hecht verendet in den Abwässern einer Fabrik. Die Thematik wurde durch den Gewässerkundler Dr. Gerhard Helmut Schwabe angeregt.(Anm. 102) Dieser widmete später dem Künstler ein unveröffentlichtes Manuskript zu dessen 71.Geburtstag, worin er schrieb: „Man hat wiederholt darauf hingewiesen, daß Webers Kunst prophetische Aussagen enthalte, die sich nach langen Jahren eindrucksvoll bestätigt haben. Denken Sie etwa an das Verhängnis oder den Bombenkrieg. Man sollte bei solchen Hinweisen jedoch nicht vergessen, daß sich bildhafte Vorausschau nur ausnahmsweise in mitteilbare Worte übersetzen läßt. Man darf also vermuten, daß in dieser Kunst noch mehr an prophetischer Sicht enthalten ist, was wenigstens vorerst noch nicht ‘übersetzbar’ ist. Davon bin ich persönlich überzeugt, weil ich immer wieder bemerke, daß manchen Zeichnungen und Lithographien Einsichten in das notwendige Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt, zur Welt schlechthin zugrundeliegen, die zwar noch ökologischer fachwissenschaftlicher Klärung bedürfen, bevor sie voll übersetzbar werden, aber doch schon in Umrissen deutlich sind und zur Bewältigung entscheidender Lebensprobleme künftig unentbehrlich sein werden. ... Was ist der innerste Kern, aus dem sich dieses vielfältige Werk entfaltet? Es ist, so meine ich, die weltfromme Liebe zu allem Gewordenen, zum Vorgegebenen, zur Schöpfung und damit auch zum Menschen, der sich unverfälscht auf sich gestellt in allen Wirren der Zeit behauptet, der Mensch im einsamen Widerstande gegen das Unmenschliche.“
1976 hieß es bei Schwabe rückblickend im Begleitheft zu einer Lichtbilderreihe der Staatlichen Landesbildstelle Hamburg mit Werken Webers: „Lange bevor das ‘große Umweltgeschrei’ ausbrach, stellte er das große Sterben und die schwarzen Schlagschatten der ‘schönen neuen Welt’ mit ihrem Fortschritt um jeden Preis eindringlich dar. ... In den hellsichtigen Augen des Künstlers ist das, was im öffentlichen Sprachgebrauch ‘Umweltkrise’ genannt wird, nur die eine, grob handgreifliche Seite moderner ‘Menschendämmerung’, eines Totentanzes ... Was den Griffel über Stein und Papier führt, ist immer wieder die Liebe zum Menschen und zu allem, was lebt, die ruhelose Sorge um die Schuld, die sich zum unentrinnbaren Schicksal verdichtet.“ Im Klappentext zur thematisch entsprechenden Postkarten-Serie führte Schwabe weiter aus: „Wir leben auf Kosten der Kommenden, deren Lebensfreude, Brot und Gesundheit wir ohne die leiseste Gewissensregung vergeuden. - Wer sind sie denn, die nicht wissen, was sie tun? Das zu bedenken fordern diese Bilder. ... Nichts ist heute für den Künstler notwendiger als die heilsame Provokation, der Mut, mit Mitteln des Metiers öffentliches Ärgernis zu erregen. Solche Provokation will nicht in Selbstmitleid die Schändung zeigen, sondern nachdrücklich an das Unersetzliche erinnern, das zu Schanden gemacht wird, weil es nicht mehr wahrgenommen wird.“

Das Bewußtsein für die Notwendigkeit einer intakten Umwelt war bei Weber schon in früher Jugend durch sein Engagement im „Wandervogel“ gebildet worden und ihm zeitlebens erhalten geblieben. Bereits 1921 zeichnete er im Buch „Der Zeitgenosse“ von Hjalmar Kutzleb Touristen, welche die Natur durch wilde Mülldeponien und unverständiges Verhalten schädigten. In den späten 50er Jahren gewann Webers Kritik an der durch das wirtschaftliche Wachstum forcierten Zerstörung der Umwelt eine neue Dimension.
Das Motiv „Der Nachkomme“ (Abb. 311), das später auch den Titel „ ... und meine Eltern waren auch dafür“ trug, zeigte ein gräßlich deformiertes Kind, das auf dem Gehweg neben einer von Bomben zerfetzten Straße sitzt. Weber stellte hier schonungslos dar, welche Spätfolgen durch Radioaktivität, etwa nach dem Atombomben-Angriff auf Hiroshima und Nagasaki im 2.Weltkrieg, zu erwarten seien. Er suchte einen geeigneten Bildtitel. Achim Gercke schrieb ihm dazu am 21.6.1957: „Die schwere Aufgabe, eine Unterschrift unter Dein neuestes Bild zu finden, habe ich so gelöst: Früchte der Kernspaltung. Wirkung der Atomkraft. Strahlen, die das Erbgut ändern. Mutation sagt die Wissenschaft. Opfer der Atomphysik.“(Anm. 103)
Im gleichen Jahr entstand eine thematische Variante dieses Motivs: Eine Mutter stützt sich verzweifelt auf einen Kinderwagen, in dem ein genetisch mutiertes Kind liegt. Der Spielplatz um sie herum ist mit ähnlich geschädigten Kindern bevölkert. Die beiden Blätter - wie auch „Der sterbende Hecht“ - wurden in ihrem Entstehungsjahr im „Simplicissimus“ abgedruckt.

Der „Deutsche Kulturtag“, dessen Ausstellung 1957 in Karlsruhe Weber mit vier Lithographien beschickt hatte, veranstaltete im folgenden Jahr eine umfassende Schau „Künstler gegen den Atomkrieg“, die am 22.10. in München eröffnet wurde und anschließend in Stuttgart und Nürnberg bereits mehr als 12.000 Besucher angezogen hatte. Weitere Ausstellungsorte folgten. Unter den 38 beteiligten Künstlern war Weber mit der hohen Anzahl von 11 Lithographien vertreten, u.a. „Der Triumphzug der unsterblichen Dummheit“ (vgl. Abb. 300), „Der Staatsfeind“ (vgl. Abb. 302), „Die Sirene“ (vgl. Abb. 226), „Der Trommler“ (vgl. Abb. 284) und „Das Gericht“ (Abb. 317). Als die Ausstellung im November 1960 in Hamburg-Bergedorf unter dem Titel „Künstler kontra Krieg“ gezeigt wurde, verteilte man 10.000 Flugblätter und ermittelte durch Stimmzettel das wirkungsvollste Blatt gegen den Atomkrieg: Die Wahl fiel auf Webers „ ... und meine Eltern waren auch dafür“. Auf Platz zwei kam ebenfalls eine Graphik Webers. Die Bergedorfer Ausstellung wurde von der „Internationale der Kriegsdienstverweigerer“ veranstaltet, welche auch seine Graphiken „Der Schlag ins Leere“ sowie „ ... und kommen nach kurzer Pause wieder“ für ihre Flugblätter benutzten. Die Ausstellung wurde später noch unter dem Titel „Krieg und Frieden in der modernen Graphik“ gezeigt.

1959 nahm Weber an einem Wettbewerb teil, der für die Internationale Buchkunst-Ausstellung in Leipzig ausgeschrieben war. Graphiker aller Länder waren aufgefordert, das Thema „Frieden“ zu gestalten. Die Ausstellung wurde in zahlreichen sozialistischen Ländern gezeigt. Weber sandte sein Blatt „Der Trommler“ und gewann damit die Bronzemedaille. Aus den Einsendungen wurde unter dem Titel „Frieden der Welt“ eine großformatige Mappe mit Reproduktionen vom VEB Verlag der Kunst Dresden zusammengestellt. Die meisten Teilnehmer kamen aus dem Ostblock. Weber und Fritz Griebel waren die einzigen westdeutschen Künstler.

1957 beteiligte er sich an einer Ausschreibung des Finanzministeriums um die Gestaltung einer 5 DM - Sondermünze mit dem Porträt Eichendorffs. Zwar verpaßte er den Abgabetermin um zwei Tage, erhielt aber wegen „der künstlerischen Werte des Entwurfes“(Anm. 104) ein Honorar von 400 DM. „ ... ging mit geringen Aussichten ... ins Rennen - hatte aber - abgehalten durch viele notwendige Arbeit - nur 8 Tage Zeit zum Schnitt der Matrizen ... ich glaube, ich hätte sowieso den letzten Preis verdient und nicht den ersten, denn meine Leistung war wohl gut angelegt aber eben nicht vollendet. Die Jury gab mir aber trotzdem einen Trostpreis - da ging die Familie - der Haushalt wenigstens nicht leer aus.“(Anm. 105)

Webers finanzielle Situation war nach wie vor kümmerlich. 1959 schuf er das Blatt „Zu spät!“ (Abb. 312) und schrieb am 1.1.1960 an den Kunsterzieher Otto Scharnweber: „Am letzten Tag glückte mir die Lithographie ‘Zu spät!’ - das ist eine Mahnung an säumige Zahler - ich habe deren etliche - hartgesotten und diese will ich rühren. Ich bin auf die Wirkung gespannt ... Ich bin ganz glücklich über diese Arbeit - trotzdem sie komisch und ernst - oder tieftraurig in der Stimmung ist.“ Der Journalist Hans Jürgen Beck berichtete später darüber: „‘Schlimm’, sagte ich zu A. Paul Weber, und A. Paul Weber sagt: ‘Nein, nein, Sie müssen nur genau hinsehen, der Künstler am Fensterkreuz hat in dem einen Auge noch das gewisse Zwinkern. ... Sehen Sie, so verzweifelt ist der gar nicht. Gleich wenn der Briefträger gegangen ist, steigt er herab, nimmt das Geld und hat wieder für ein paar Tage ausgesorgt. ... Das wollte ich früher einmal zu Weihnachten an vermögende Leute verschicken, die Arbeiten bestellt und gekauft hatten, dann aber nicht bezahlten. Ich habe das Blatt dann doch nicht verschickt, weil ich mir gesagt habe, die nehmen das Blatt, freuen sich vielleicht noch über eine Neuerwerbung und zahlen immer noch nicht.“(Anm. 106)

Eine unendliche Geschichte:
Das „Tierbilderbuch“

Am Ende der 50er Jahre standen zwei große, ehrgeizige Publikationsvorhaben Webers, die deutlich zeigen, welche zwei „Zielgruppen“ sein Publikum zunehmend bildete: Die einen schätzten ihn wegen der heiteren Tierbilder, die anderen wegen der kritischen Satire. Für ihn selbst war beides vereinbar und Ausdruck eines einzigen Schaffenswillens. So plante er, seine kritischen Arbeiten in einem Jahreskalender herauszubringen, die Tierbilder aber in einem eigenen Buch zu veröffentlichen.

Den Plan zum Tierbilderbuch verfolgte er seit 1953 beharrlich, als die ersten Blätter dieser Art entstanden (Abb. 313). „Ganz langsam entsteht das Tierbilderbuch - Der Gang ist wie immer der gleiche - zwei bis drei - gar viermal und noch öfters macht ein Thema seine Wandlungen durch - nicht mit Tusche auf Papier - sondern immer alles auf Stein und Sie werden sehen - um wie vieles das schöner ist - in der letzten Woche glückten mir gleich im ersten Anlauf mehrere - das wirkt dann recht anfeuernd.“(Anm. 107) Wenig später teilte er am 21.9.1954 Theo Schneider mit: „ ... ich will es auf 60 Themen bringen und ich gestehe - das ist eine unerschöpfliche Reihe und meine besten Leistungen, die kommen erst noch.“
Weber sollte in beidem Recht behalten. 1956 entstanden erste Andrucke bei der Firma Caspaul in Hannover. Am 9.11.1956 schrieb er an Marianne König: „ ... vielleicht gehe ich mit einem Verleger schon im Frühjahr daran, die Edition vorzubereiten.“
Immer neue Motive kamen vor allem um 1958/59 hinzu (Abb. 314-316). Aus den geplanten 60 Motiven wurden 80. Webers Obsession, bereits gezeichnete Motive immer wieder verbessern zu wollen, ließ ihn eine Drucklegung stets erneut hinausschieben. Inzwischen wurden viele der neu entstandenen Tierbilder im „Simplicissimus“ oder in Feuilletons von Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. „Es ist da ein großer Wille - was schon so lange drückt und gestaltet sein will - nun endlich auch zu bewältigen, weiter zu kommen - damit freier zu werden. Und ich spüre - es ist so reichlich - daß jede Minute genutzt sein möchte - das geschieht auch ohne Zwang und Qual - eher noch - daß die ... am Tag eingestreuten Anlässe wie Essen, Post, Lokus etc. als störende Abhaltungen übel empfunden werden. In der Hauptsache habe ich die Weiterführung der Tierbilder mir vorgenommen und will keine Pause eintreten lassen. - Die Nürnberger Freunde wie Frau Distel [und] Professor Schoberth haben mit Erfolg bei Piper für mein Schaffen einen Vorstoß gemacht und nun frage ich - bin ich nun endlich da bei einem guten - besten Verleger? - daß ich endlich Land sehe? - er will mein Tierbilderbuch als erstes herausbringen und so hat mich diese Aufgabe recht gepackt, daß ich immer daran denke und immer darüber sitze. Ich brauche bei 60 - 80 Themen schon allerlei Muskelkraft zum Schleifen der Steine und empfinde das als gute Unterbrechung - ebenso wie das Drucken.“(Anm. 108)
Im Dezember 1959 übergab Weber einem Beauftragten des Piper-Verlages 25 Tierbilder zur Begutachtung im Münchner Verlagshaus. Man teilte dem Künstler mit, daß die Blätter „Ausrufe des Entzückens“ ausgelöst hätten und versprach Probedrucke. Weber schrieb am 17.1.1960 an Marianne Waechter: „Dieser Brief gestern war für mich eigentlich das wirklich entscheidende und Sie können mir nachfühlen, wie nach all den Enttäuschungen mit Köhler - Bertelsmann - Stalling - wie es mir ums Herz ist. Sie haben ja nur die alten ersten Fassungen gesehen und verkaufen sie so tapfer - Es sieht heute manches Blatt - die meisten sehen ganz anders aus! ... das Ende davon? - ich sehe da überhaupt keine Ufer - es ist wirklich unerschöpflich ... Ausspannen? - so wie es immer heißt - ich tue das und habe noch mehr als das - wenn ich arbeiten kann - ruhig - ungestört!“ Und noch ein Jahr später: „Ich bin verbissen - also eine Mischung aus froh, ernst und zäh am Schaffen. Wundervoll wie zwischen den besten Blättern ausgewählt werden kann und wie fast täglich etwas Neues entsteht - durchbrochen durch Steineschleifen - (das ist dem Kesseldruck zu vergleichen) und vermutlich wird das Piper-bändchen mit 45 Blatt das bisher durchschlagendste - ein besonderer Genuß.“(Anm. 109)
Trotz aller Bemühungen kam die Publikation noch immer nicht zustande. Der Verlag stieß beim Herstellen der Probedrucke auf technische und kalkulatorische Schwierigkeiten, das Lektorat wechselte und der neue Lektor war an der Fortführung der Projekte seines Vorgängers wenig interessiert. Auch das 1960 bei Bärmeier & Nikel erschienene Fuchsbuch ließ beim Piper-Verlag das Interesse am Tierbilderbuch erlahmen. Noch viele Jahre sollten bis zum Erscheinen des Buches vergehen. Zwischenzeitlich veröffentlichte Weber 1967 einige Motive in einem großformatigen Abreiß-Kalender(Anm. 110). Damals aber wurde sein Eifer von einem neuen, noch größeren Projekt abgelenkt - dem „Kritischen Kalender“.

Anmerkungen

(Anm. 001) Undatierter Brief von Weber an Alf Depser, Frühjahr 1946.

(Anm. 002) Illustrated London News, 2.9.1944. - Wundshammer schickte Weber das Foto.

(Anm. 003) Schumacher Gebrauchsgraphik, Nr.403-405.

(Anm. 004) Brief von Weber an Theo Schneider, 2.2.1947.

(Anm. 005) Festvortrag „A. Paul Weber in seiner Zeit“. Köln, 2.11.1993.

(Anm. 006) Schumacher Gebrauchsgraphik, Nr.380-382.

(Anm. 007) Ebd. Nr.384-393.

(Anm. 008) Das Möllner Siegel war nur von 1946 bis 1952 in offiziellem Gebrauch, dann erklärte es das Heraldische Institut in Schleswig aus formalrechtlichen Gründen für „unstatthaft“ und empfahl die Weiterverwendung des althergebrachten Wappens. Dem schloß sich der Kulturausschuß Möllns am 8.5.1952 an. - Andere Siegel-Gestaltungen, wie z.B. für die Gemeinde Panten (am 15.4.1985 genehmigt) sind noch heute - auch als Wappen - in Gebrauch.

(Anm. 009) Ebd. Nr.431.

(Anm. 010) Brief von Weber an Alf Depser, 1.9.1948.

(Anm. 011) Brief von Weber an Theo Schneider, 1.6.1946.

(Anm. 012) Brief von Weber an Hans Schmidt-Gorsblock, 17.4.1947.

(Anm. 013) Brief von Schulsenator Heinrich Landahl an Prof. Dr. Ludwig Doermer, 17.2.1949.

(Anm. 014) Heute in der Hamburger Kunsthalle.

(Anm. 015) Nicolin Villon, S.47.

(Anm. 016) Das Thema hat Weber 1976 in fünf Lithographien fortgesetzt (Dorsch Lithographien, Nr.1496-1500).

(Anm. 017) Die Bilder zu Villon wurden posthum herausgegeben (Günther Nicolin: A. Paul Weber. François Villon. Balladen. Hamburg 1982). - Einige der Motive hatte Weber später auch lithographiert (Dorsch Lithographien, Nr. 2586-2596).

(Anm. 018) Brief von Weber an Theo Schneider, 12.12.1945.

(Anm. 019) Dorsch Lithographien, Nr.466.

(Anm. 020) Hugo Fischer, Taf.46.

(Anm. 021) Viktor Müller (Bamberg 1911 - 1961 Nürnberg). Lähmung des rechten Arms von Geburt an. Bei einem Unglück wurde um 1919 ein Sehnerv durchschossen. Besuch der Realschule in Bamberg bis zum Einjährigen. 1929-32 Maurerlehre. 1932-34 Höhere Technische Lehranstalt, Kaiserslautern (Ingenieurschule für Hochbau). 1934-37 Baugeschäft Georg Bieber, Nürnberg. 1936 Heirat mit Maria Rossmann, drei Kinder. 22.3.37 - 18.2.39 Gestapohaft („Schutz- und Untersuchungshaft“) in Nürnberg und Berlin. Anschließend in verschiedenen Baugeschäften Nürnbergs tätig, da „nicht kriegsverwendungsfähig“. 1943 für kurze Zeit zu einem Pionierersatzbataillon in Regensburg eingezogen. 1944 Tod seiner Frau. 1946 Heirat mit Helena Häußler, eine Tochter. 1949 Zusammenarbeit mit dem Prüfstatiker Karl Rieger; ab 1950 selbständig als Viktor Müller KG, in der Rieger (Patent: Rieger-Schalung) als Kommanditist mitarbeitete. Enger Kontakt zu Weber nach 1945 durch Theo Schneider. Müller verband mit Weber darüber hinaus, daß beide Patienten des Heilpraktikers Emil Stramke waren.

(Anm. 022) A. Paul Weber: Handschriftlicher Einleitungsentwurf für ein geplantes Lithographie-Verzeichnis, 1965 (Archiv des A. Paul Weber-Museums, Ratzeburg).

(Anm. 023) Brief von Weber an Theo Schneider, 20.5.1946.

(Anm. 024) Dorsch Lithographien, S.14.

(Anm. 025) Johannes Siemers (Fuhlenhagen 1897 - 1966 Mölln). Tischlerlehre. Ab 1916 Teilnahme am 1.Weltkrieg in Frankreich. 1919 Rückkehr nach Verwundung. Besuch der Bauschulen in Lübeck und Hamburg. 1924 Zimmermeisterprüfung. Selbständig in Fuhlenhagen; später Aufbau einer Sägerei, Zimmerei und Tischlerei in Talkau. 1929 Heirat mit Margarete Flindt. Seit Anfang der 30er Jahre Bürgermeister in Talkau. Unabkömmlich gestellt während des 2.Weltkrieges. Nach 1945 Erweiterung der Firma durch Segelflugzeugbau und die Produktion von Waschbrettern, Trittleitern, Hockern, Käseholzschachteln und Wäscheklammern. Enger Kontakt Webers zu Siemers nach dem 2.Weltkrieg, zumal Groß-Schretstaken und Talkau nur zwei Kilometer voneinander entfernt liegen. Siemers, in dessen Firma Webers jüngerer Sohn Hartmut eine Tischlerlehre absolvierte, fuhr den Künstler des öfteren nach Juist (Alf Depser), Osterode (Rudolf Kellermann), Suderburg in der Lüneburger Heide und zu Ausstellungsorten, wofür Weber sich mit dem Entwurf von Firmensignets und zahlreichen Ölbildern, aquarellierten Zeichnungen und Lithographien bedankte.

(Anm. 026) Brief von Gerda Böse an Weber, 14.1.1946.

(Anm. 027) Vgl. Noll, S.431 f.

(Anm. 028) Brief von Toni Weber an Theo Schneider, 12.1.1947.

(Anm. 029) Brief von Toni Weber an Theo Schneider, 8.3.1947.

(Anm. 030) Otto Monsheimer: A. Paul Weber. 239.Ausstellung der Overbeck-Gesellschaft. Lübeck. 6.Juli - 3.August 1947, S. 6.

(Anm. 031) Brief von Theodor Heuss an Asmus Boysen, 16.6.1950.

(Anm. 032) Brief von Erich Kästner an Asmus Boysen, 19.6.1950.

(Anm. 033) Weber beschrieb hier eine spätere lithographische Fassung des Motivs mit leicht veränderten Details.

(Anm. 034) Brief von Weber an Norbert von Wurzbach, 23.10.1964.

(Anm. 035) Im Wildner-Verlag Lübeck geplantes Kunstbändchen (Kleine Kunstreihe. Bd.7).

(Anm. 036) Otto Monsheimer: A. Paul Weber. Kunsthalle Kiel. 1949, S.5 und 32.

(Anm. 037) Esselbrügge, S.23.

(Anm. 038) Vgl. Lothar Obst: Wie George Bernhard Shaw Ehrenbürger der Stadt Mölln wurde. In: Lauenburgische Heimat. H.104. 1982, S.101-104.

(Anm. 039) Brief von Weber an Alf Depser, 6.1.1951.

(Anm. 040) Vgl. Schumacher Gebrauchsgraphik, Nr.441-449.

(Anm. 041) Esselbrügge, 12.5.1951.

(Anm. 042) Deutsche Hotel-Zeitung. Nr.22, 2.Juni 1951, S.1.

(Anm. 043) Vgl. Schumacher Gebrauchsgraphik, Nr.412, 415, 416-421.

(Anm. 044) Rudolf Kellermann (Neuss 1902 - 1973 Altstätten/Schweiz). Maschinenbaustudium in Stuttgart. 1935 Gründung der „Rudolf Kellermann Fabrik für Gewindeteile“ in Osterode am Harz. Drei Mitarbeiter. Starker Aufschwung, begünstigt durch die Entwicklung in der zivilen und militärischen Motorisierung. 1939 etwa 100 Arbeiter und Angestellte, 1944 etwa 615 Personen. Ab Sommer 1945 Fabrikation hochfester Schrauben unter dem neuen Firmennamen „KAMAX“. 1956 Inbetriebnahme eines zweiten Werkes in Homberg an der Ohm, 1970 Erweiterung der Firmengruppe durch ein drittes Werk in Alsfeld-Altenburg. 1985 zählte die Kamax-Gruppe 2250 Mitarbeiter. Hauptabnehmer der Produkte war vor allem die Pkw- und Nutzfahrzeugindustrie. Zahlreiche Ehrungen, u. a. 1964 Verleihung des Dr. h.c. durch die TU zu Hannover, 1970 Bundesverdienstkreuz. Kellermann förderte Buchpublikationen zur Wirtschafts- und Technikgeschichte und sammelte nach dem 2.Weltkrieg Plastiken und Gemälde überwiegend jüngerer Künstler. Der Kontakt zu Weber entstand zur Zeit der Währungsreform 1948 durch Hartmut Webers Osteroder Kunsterzieher Karl Grönig, der auch schriftstellerisch tätig war (Weber entwarf 1950 den Titelholzschnitt zu dessen Buch „Tilman Riemenschneider“). Weber reiste, gemeinsam mit Johannes Siemers, bis Anfang der 50er Jahre einige Male nach Osterode zur Familie Kellermann.

(Anm. 045) Esselbrügge, 17.12.1951.

(Anm. 046) Brief von Weber an Alf Depser, 21.11.1951.

(Anm. 047) U.a. vermittelte er so Weber-Graphiken wie den „Staatsfeind“ an den bekannten Publizisten und Politikwissenschaftler Eugen Kogon, der 1939-1945 im KZ Buchenwald interniert war und durch sein Buch „Der SS-Staat“ berühmt wurde. 1960 schrieb Kogon die Einführung zu Webers Fuchs-Buch.

(Anm. 048) Brief von Weber an Werner Kindt, 9.9.1956.

(Anm. 049) Vgl. Frances Stonor Saunders: Wer die Zeche zahlt ... Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg. Berlin 2001.

(Anm. 050) Weber fertigte insgesamt nur 10 Farblithos - denen stehen fast 3.000 Schwarz-Weiß-Lithos gegenüber. Das allein mag den Schwierigkeitsgrad dieser Technik verdeutlichen, bei der sechs Farben von ebensovielen Stein-Druckplatten paßgenau übereinandergedruckt werden müssen.

(Anm. 051) Vgl. Dorsch Lithographien, Nr.1657 und 1658.

(Anm. 052) Brief von Weber an Theo Schneider, 8.4.1952.

(Anm. 053) Brief von Weber an Alf Depser, 24.6.1952

(Anm. 054) Brief von Weber an Alf Depser, 27.6.1954.

(Anm. 055) Vgl. Dorsch Lithographien, Nr.2451

(Anm. 056) Die Welt. Nr. 96. 1952, S.6.

(Anm. 057) Festvortrag „A. Paul Weber in seiner Zeit“. Köln, 2.11.1993.

(Anm. 058) Am 14.2.1948 schrieb Weber an Theo Schneider: „... bei mir frißt sich der Zorn tief ein - der Henker Rolf Lüth ist heil und dreist wie frech schon wieder hier - ein Kerl - der gehängt werden müßte - es ist toll mit dieser Sorte von Vergeltung ...“

(Anm. 059) Wolandt Leben und Werk, S.17.

(Anm. 060) Der Spiegel. Nr.52. 1950, S.30.

(Anm. 061) Brief von Weber an Theo Schneider, 24.6.1952.

(Anm. 062) Die Reihe erschien ab 1899 im Eugen Diederichs Verlag, Jena, in 12 Bänden. Herausgeber war Georg Steinhausen. Die Titelblätter stammten von Künstlern wie Johann Vinzenz Cissarz, Hans Thoma, Julius Diez, Otto Hupp und Robert Engels. Die Reihe war einzelnen Berufen gewidmet (Arzt, Lehrer, Richter, Kaufmann u. a.), enthielt aber auch übergreifende Darstellungen wie „Kinderleben“, „Die fahrenden Leute“ und „Das Judentum“.

(Anm. 063) Marcus Treitzsauerwein: Der Weiß Kunig. Eine Erzählung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten, Wien 1514.

(Anm. 064) Brief von Weber an Hans Schmidt-Gorsblock, 6.8.1952.

(Anm. 065) Undatierter Brief von Weber an Theo Schneider.

(Anm. 066) Brief von Weber an Theo Schneider, Januar 1950.

(Anm. 067) Wilhelm Petersen (Elmshorn 1900 - 1987 Elmshorn). Mitglied der Jugendbewegung. 1919 Freikorps Brigade Ehrhardt. Freier Maler und Gemälderestaurator. Ab 1927 Illustrator in Berlin. Frühzeitig Mitglied der SA und der NSDAP. Zahlreiche Auftragsarbeiten, u. a. Wandmalereien. Mitarbeit an der Zeitschrift „Germanenerbe“. Ab 1937 Lehrauftrag an der Nordischen Kunstschule Bremen. Kriegsmaler im 2.Weltkrieg. 1945-47 britische Kriegsgefangenschaft. Petersen lebte anschließend notdürftig von Werbezeichnungen für die Firmen Peter Kölln („Kölln-Flocken“ Elmshorn) und Ahlmann-Carlshütte Rendsburg, vor allem aber von der Igelfigur „Mecki“, die er für die Kinderseite der Springer-Zeitschrift „HÖR ZU“ schuf.

(Anm. 068) Manfred Schmidt (Bad Harzburg 1913 - 1999 Münsing/Starnberger See). Bereits Ende der 20er Jahre erste Veröffentlichungen in Bremer Zeitschriften. 1930-32 Besuch der Bremer Kunstgewerbeschule. 1933 Kameralehrling bei der Ufa in Berlin. Zeichnungen für deren Werbetrickfilm-Abteilung. Witzzeichnungen für den Ullstein Verlag. Erste Reisereportagen. 1940 Mitarbeit im Nibelungen Verlag („Wir beginnen das Wunschkonzert für die Wehrmacht“) und ab 1941 in der Zeitschrift „Signal“. Mitarbeiter der 1941 gegründeten Deutschen Zeichenfilm GmbH, einer Tochtergesellschaft der Ufa. 1942 Panzergrenadier; später in einer Propaganda-Kompanie. Ab 1946 beim „Pinguin“, dem Stuttgarter Verlag Heinrich Maria Ledig-Rowohlts (Hrsg. Erich Kästner). Ein gewisser wirtschaftlicher Erfolg stellte sich ab Dezember 1950 ein, als Schmidts Serienheld „Nick Knatterton“ zum erstenmal in der Illustrierten „Quick“ erschien und von da an zehn Jahre lang die Leser erfreute. Seit den 60er Jahren schrieb und zeichnete Schmidt amüsant-ironische Reisereportagen, u.a. „Mit Frau Meier in die Wüste.“

(Anm. 069) Hamburger Anzeiger, 20.12.1952.

(Anm. 070) Schumacher Gebrauchsgraphik, S.252 ff.

(Anm. 071) Ebd. Nr. 474, 475-478, 482.

(Anm. 072) Auch der „Ammerländer Kalender“, eine Beilage der Zeitschrift „Der Ammerländer“, brachte in den Jahren 1957-1963 22 Tierbilder.

(Anm. 073) Weber in einem Gespräch. Lübecker Freie Presse. Nr.42, 19.2.1955.

(Anm. 074) Undatierter Brief von Weber an Alf Depser.

(Anm. 075) Zitat aus der dritten Strophe des Liedes „Der Bund“ von Willie Jahn. In: Lieder der Jung-Wandervögel (Zeichnungen von A. Paul Weber), Bad Godesberg 1959, S.7.

(Anm. 076) Rudolf Ibbeken (1902 - 1989 Berlin). Studium der Geschichte. Promotion. Habilitationsschrift über „Preußen 1807-1813. Staat und Volk als Idee und in Wirklichkeit“. Herausgeber der „NS-Führungsbriefe“. Ibbeken fand nach 1945 Arbeit auf der Riepenburg (Lungenheilstätte). 1954 Versetzung nach Berlin. Amtsrat bei der Bundesanstalt für Arbeit. Verfasser von Dramen, Gedichten und Aphorismen, die er z.T. als Privatdrucke verlegte. Maßgeblich am Wiederaufleben des „Jung-Wandervogels“ in den 50er Jahren beteiligt. Enger Kontakt zu Weber bis zu dessen Tod.

(Anm. 077) Die Lungenheilanstalt liegt acht Kilometer westlich von Hameln auf dem Berg Riepen mit Blick auf die Pyrmonter Berge.

(Anm. 078) Wilhelm (Willie) Jahn (Magdeburg 1889 - 1973 Hannover). Studium der Photochemie und Reproduktionstechnik in Charlottenburg und Kunstgeschichte in Berlin. Mehrfacher deutscher Hochschulmeister in der Leichtathletik. 1912 Teilnahme an den Olympischen Spielen in Stockholm. 1910-14 Schriftleiter des „Jung-Wandervogel“. Mitglied der Bundesleitung des JWV bis zur Auflösung 1933. Herausgeber von Liederbüchern; bekannt als Sänger und Lautenspieler. 1914 Kriegsfreiwilliger. 1919 Teilnahme an Grenzschutz- und Freikorpskämpfen. Technischer Kaufmann. 1926 Heirat mit Maria Karbyinski, drei Kinder. In den 30er Jahren Schriftleiter einer Zeitschrift für Ahnenforschung. Im 2.Weltkrieg Stabsoffizier. Schwere Erkrankung der Lunge in der englischen Kriegsgefangenschaft. 1948 Rückkehr. 1956 Heirat mit Liselotte Putzke, ein Sohn.

(Anm. 079) Undatierter Brief von Weber an Theo Schneider.

(Anm. 080) Weber lithographierte das Motiv viermal um 1950/52, darunter war eine Farblithographie. 1968 folgten zwei weitere Fassungen, darunter erneut der Versuch einer Farblithographie.

(Anm. 081) Brief von Weber an Alf Depser, 18.8.1955.

(Anm. 082) Brief von Weber an Rohdich, 23.7.1954.

(Anm. 083) Undatierter Brief von Weber an Theo Schneider. - Die Textstelle bezog sich auf eine Ausstellung in Hameln 1954.

(Anm. 084) Brief von Weber an Theo Schneider, 6.7.1955.

(Anm. 085) Brief von Weber an Marianne Waechter, 27.12.1958. - Marianne Waechter heiratete 1965 den Berliner „Tagesspiegel“-Verleger Walther Karsch (Dresden 1906 - 1975 Berlin). Dieser war nach dem Studium 1930-33 Redaktionsmitglied der „Weltbühne“. Enger Kontakt zu Carl von Ossietzky. 1933 Verbot jeder schriftstellerischen Betätigung, Freier Handelsvertreter. Im 2.Weltkrieg eingezogen, da Karsch mit der jüdischen Schauspielerin Pauline Nardi verheiratet war, wurde er als „wehruntauglich“ entlassen. 1945 Mitherausgeber des „Tagesspiegel“, der ersten frei lizensierten Zeitung in Berlin nach dem 2.Weltkrieg. Karsch schrieb vor allem Theaterkritiken. Auf einer Tagung des PEN lernte er seine dritte Frau, die Buchhändlerin Marianne Karsch, kennen. Durch sie entstand Kontakt zu Weber. Der „Tagesspiegel“ publizierte ab 1963 zahlreiche Arbeiten Webers und besprach - durchweg positiv - die Kritischen Kalender.

(Anm. 086) Im „Simplicissimus“ wurde das Blatt 1958 im Heft 6 unter dem sinnverfälschenden und den Bildgedanken verflachenden Titel „Närrischer Nachschub“ abgedruckt.

(Anm. 087) Westermanns Pädagogische Beiträge, H.5. 1955.

(Anm. 088) Brief von Weber an den Köhler-Verlag, 21.3.1956.

(Anm. 089) Vgl. Dorsch Lithographien, Nr.631-639.

(Anm. 090) Vgl. Hermann Krämer: Im Namen des Volkes. Graphische Ansichten von A. Paul Weber. Hamburg 1982.

(Anm. 091) Brief von Heinrich Bodenstein an Weber, 2.7.1958.

(Anm. 092) Die Andere Zeitung. Nr.1, 12.5.1955, S.11.

(Anm. 093) Brief von Ernst Niekisch an Weber, 22.8.1955.

(Anm. 094) Horst Friese. In: Solidarität.1957. Nr.1, S.19.

(Anm. 095) Der Film „Die Enthüllung der menschlichen Schwäche“ von Mirko Szewczuk und Rudolf W. Kipp wurde am 30.9.1958 um 20.20 Uhr in der ARD gezeigt. Marianne König schrieb an Weber: „Vor einigen Wochen sind wir uns begegnet - auf dem Fernsehschirm! Da wir selbst einen solchen Apperat (!) nicht besitzen, haben wir uns zu diesem Abend einen geliehen und voll Spannung Sie und Ihre Bilder bewundert.“

(Anm. 096) 13.4.1958.

(Anm. 097) Peter Rühmkorf (geb. Dortmund 1929, lebt in Hamburg und Roseburg/Kreis Herzogtum Lauenburg). Kindheit an der Niederelbe bei Stade. 1950 Abitur. 1951-57 Studium der Pädagogik, Kunstgeschichte - später auch Germanistik und Psychologie - in Hamburg. 1958 Lektor im Rowohlt-Verlag, 1964 freier Schriftsteller. Seit 1969 Gastdozent für Moderne Deutsche Literatur u.a. in Austin/Texas, Hamburg, Warwick/England, Frankfurt a. M., Hanover/New Hampshire, Paderborn und Göttingen. Rühmkorf gab bereits 1948 die literarische Zeitschrift „Die Pestbeule“ heraus und machte sich einen Namen als satirisch-aggressiver Zeitkritiker, aber auch als empfindsamer Lyriker vor allem bei der Zeitschrift „Studentenkurier“ (ab 1957 „konkret“, gemeinsam mit Claus Rainer Röhl und Ulrike Meinhof) und in der hektographierten Monatsschrift „Zwischen den Kriegen“. Seit den 50er Jahren bis 1980 Kontakt zu Weber; einige Besuche, auch mit seiner Frau Eva Rühmkorf, in Groß-Schretstaken. 1956 erschien der erste von zahlreichen Gedichtbänden „Heiße Lyrik“, aus dem Rühmkorf gern in Verbindung mit Jazz vortrug. Er bezog virtuos überlieferte literarische Formen von Walther von der Vogelweide über Dichtungen des Barock und der Romantik bis zu Benn und Brecht, aber auch Kinderabzählreime und Kalauer in seine schnoddrig-witzige Poesie mit ein. Daneben entstanden Märchen, Hörspiele, Theaterstücke und biographische Schriften. Zahlreiche Ehrungen und Preise, u.a. Villa Massimo-Stipendium 1964/65, Johann Heinrich Merck-Medaille 1976, „Stadtschreiber“ von Bergen-Eukheim 1976, Bremer Literaturpreis 1980, Arno Schmidt-Preis 1986, Heinrich Heine-Preis (DDR) 1988, Georg Büchner-Preis 1993.

(Anm. 098) Daß Rühmkorf mit dieser Bezeichnung durchaus nicht spaßte, zeigte der Fall von Ulrike Marie Röhl, die Weber am 11.5.1962 brieflich um Mitarbeit an einer Studentenzeitschrift bat und bedauerte, daß „Konkret“ lange nichts von ihm gebracht habe. Als Ulrike Meinhof sollten sie und ihre politischen Weggefährten die Bundesrepublik Deutschland zehn Jahre später in eine der schwersten innenpolitischen Krisen stürzen.

(Anm. 099) Nr.10, Januar 1961, S.6-7.

(Anm. 100) Hamburger Abendblatt, 29.5.1957.

(Anm. 101) Vgl. Hans-Georg Sehrt: A. Paul Weber - ein bequemer unbequemer Künstler für die DDR? In: A. Paul Weber. 1893-1980. Handzeichnungen und Lithographien. Hannover 1993, S.40-46.

(Anm. 102) Sein Buch „Umwelt heute. Beiträge zur Diagnose“ von 1973 stattete Schwabe mit drei Lithographien Webers aus.

(Anm. 103) Anfang der 60er Jahre hat Weber das Motiv mehrfach variiert: Er ersetzte die zerstörte Straße durch einen Sandkasten, so daß nun weniger kriegsbedingte Auswirkungen, sondern auch die Risiken der friedlichen Nutzung der Kernenergie im Vordergrund standen.

(Anm. 104) Brief von Ministerialrat Jahn an Weber, 28.2.1957.

(Anm. 105) Brief von Weber an Werner Kindt, 22.3.1957.

(Anm. 106) Hans Jürgen Beck: Von Bildern heimgesucht. In: werden. 1978, S.150.

(Anm. 107) Brief von Weber an Rohdich, 23.7.1954.

(Anm. 108) Brief von Weber an Alf Depser, 24.9.1959.

(Anm. 109) Brief von Weber an Marianne Waechter, 20.2.1961.

(Anm. 110) Vgl. Schumacher Illustriertes Werk, IV, 18.

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